Albanien  9.1 Kunst
Die Rilindja-Bewegung (albanisch für Renaissance) zeichnete sich neben politischen Aktivitäten primär durch ein umfangreiches literarisches Schaffen aus, deren Tradition sich bis in die Gegenwart als wichtiges Standbein albanischen Kulturschaffens fortsetzt. Als wichtigste Exponenten der damaligen Zeit sind die Frashëri-Brüder Sami und Naim, Gjergj Fishta und Pashko Vasa zu nennen. Letzterer prägte 1880 die kulturelle Einheit der Albaner mit dem Spruch Der Glaube des Albaners ist das Albanertum.
In den Gründungsjahren des albanischen Staates widmeten sich die wichtigsten Literaten wie Migjeni, Faik Konica, Lasgush Poradeci und Fan Noli nach wie vor dem Thema der nationalen Einheit. Viele Kunstschaffende orientierten sich stark an der westeuropäischen Kultur. In der Diaspora und in Westeuropa hatten viele von ihnen ihre Ausbildung genossen und zum Teil einen Großteil ihres Lebens verbracht. Einige erzielten ihre Erfolge auch im Ausland, so zum Beispiel der bekannte Schauspieler Aleksander Moisiu, der nur kurz in Albanien lebte. Von großer Bedeutung ist das Werk der Fotografen aus der Familie Marubi, die ursprünglich italienischer Herkunft waren und zwischen 1858 und 1944 die nordalbanische Gesellschaft dokumentierten.
Während des Kommunismus wurde in Albanien ein staatlich verordneter Folklorismus gelebt. Ziel war die Schaffung einer nationalen Identität, mitunter auch als Ersatz für die während Jahrzehnten komplett verbotenen Religionen. Höhepunkt des kulturellen Lebens war das alle paar Jahre stattfindende Nationale Volksmusikfestival in Gjirokastra, an dem Musikgruppen aus dem ganzen Land teilnahmen. Bildende Kunst, Theater und die Produktionen der neu gegründeten Filmstudios waren stark von kommunistischen Inhalten getrieben: Industrialisierung, der Freiheitskampf sowie bedeutende Ereignisse aus der Geschichte Albaniens und der Kommunistischen Partei. Die sozialistische Doktrin nahm auch Einfluss auf die Werke von Literaten wie Dritëro Agolli oder Ismail Kadare, dem berühmtesten albanischen Kunstschaffenden der Gegenwart. Seine Kooperation mit dem kommunistischen Regime wird ihm noch heute immer wieder vorgeworfen.
Kunstschaffen außerhalb der Volkskultur und des Sozialistischen Realismus war nahezu inexistent. So wurde der bekannte Publizist Fatos Lubonja beispielsweise für 17 Jahre inhaftiert, nachdem sein Vater, ein hoher Funktionär im Kulturwesen, 1974 in Ungnade gefallen war, weil er leichte, dekadente westliche Musik, ähnlich den Hits des San-Remo-Festivals dieser Zeit, am Fernsehen aussendete. Die Auseinandersetzung mit der Schreckensherrschaft ist Hauptthema in den Werken von Lubonja, Fatos Kongoli und einigen anderen Literaten.
Auch im post-kommunistischen Albanien sind die folkloristischen Einflüsse noch stark. Andererseits steht das Land jetzt auch für jegliche andere Art von Kunststilen offen. Zu den Exponenten moderner Kunst zählen der Fotograf und Videokünstler Anri Sala und die Poetin Mimoza Ahmeti. Eine ganz eigenen Weg hat die Architektur in Albanien eingeschlagenen: Nachdem der Künstler und Bürgermeister von Tirana Edi Rama begonnen hatte, triste Gebäude im Stadtzentrum farbig zu streichen, werden jetzt Häuser im ganzen Land farbenfroh bemalt. Insbesondere die Stadtbilder der größeren Orte werden durch viel Farbe und verspielte Architektur aufgelockert.

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