Argentinien  3.7 Soziale Situation
Die soziale Situation des Landes ist in mehrerer Hinsicht durch eine starke Ungleichheit gekennzeichnet. So gibt es einerseits ein sehr großes Wohlstandsgefälle zwischen Ober- und Unterklasse. So gehören die argentinischen Top-Manager-Gehälter zu den höchsten in Südamerika, während die ärmsten 40 % sich mit nur zehn Prozent des gesamten Volkseinkommens zufrieden geben müssen.
Aber auch die Unterschiede zwischen den Regionen Argentiniens sind groß. So liegt etwa die Armutsrate, die nach einem Warenkorb berechnet wird, in der Hauptstadt Buenos Aires mit etwa 20 % nur etwas mehr als halb so hoch wie im Landesdurchschnitt (34 %), während sie in der Provinz Formosa bei etwa 65 % liegt. Eine Durchschnittsfamilie benötigte Anfang 2005 etwa 773 AR$ um nicht unter die Armutslinie zu fallen. In den meisten Haushalten ist es dafür nötig, dass mehrere Familienmitglieder zum Einkommen beitragen. Dies zeigt auch die offizielle Statistik: So liegt das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen knapp unter 900 AR$ und damit nur knapp über der Armutsrate, während das durchschnittliche Haushaltseinkommen bei über 1500 AR$ liegt (s. u.).
Generell kann man sagen, dass die nördlichen Provinzen, besonders die Provinz Tucumán und der Nordosten (Chaco, Formosa, Santiago del Estero) am stärksten von Armut und Unterernährung betroffen sind. Verschärft wird diese Situation durch das relativ schnelle Bevölkerungswachstum in dieser Region. Als relativ reich dagegen gelten die zentralen Provinzen (Buenos Aires, Santa Fe, Córdoba, San Luis und Mendoza), aber auch der äußerste Süden (Santa Cruz und Tierra del Fuego).
Es sind neben den grenznahen Gegenden (beispielsweise Jujuy und Formosa) allerdings vor allem die reichen Zentralprovinzen, die am stärksten mit der städtischen Armut und damit mit der Slumbildung zu kämpfen haben. Die Zuwanderung aus den ärmeren Nachbarländern Peru, Bolivien und Paraguay sowie die Binnenwanderung aus abgelegenen Gegenden des Landesinneren sind trotz einer Abschwächung in den 1990er Jahren immer noch ein großes Problem in den Großstädten, die die Zahl der Slumbewohner trotz sozialer Wohnungsprogramme weiterhin anwachsen lässt. So liegt beispielsweise in Rosario der Anteil der Slumbewohner an der Gesamtbevölkerung bei über 15 %. Zudem kam Zuwachs für die Slums auch von den so genannten Neu-Armen, besonders in den wirtschaftlich kritischen Jahren 1989/1990, 1995 sowie zwischen 1998 und 2002.
In der Argentinien-Krise verschlechterten sich viele Indikatoren der sozialen Situation in kürzester Zeit, insbesondere in den Jahren 2001 und 2002, in denen die Armutsrate, die nach einem Warenkorb berechnet wird, auf über 50 % stieg. Ab 2003 normalisierten sich die Werte langsam wieder, allerdings bleibt die Armutsrate trotz eines deutlichen Rückgangs weiterhin mit über 30 % weit über den Werten der 90er Jahre. Dabei sind in der am stärksten betroffenen Región Noreste Argentino (Nordostregion) weiterhin über die Hälfte der Bevölkerung arm.
Einige Daten zur sozialen Situation: (Quelle: [13] INDEC)
Bruttosozialprodukt pro Kopf: 11.427 AR$ (zu aktuellen Preisen, 2004); 13.600 US$ (Kaufkraftparität, Schätzung von 2005)
Durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen: 878 AR$ (3. Quartal 2005)
Durchschnittliches Einkommen pro Haushalt: 1.537 AR$ (3. Quartal 2005)
Inflationsrate: 12,3 % (Dez. 2005)
Anstieg der Konsumentenpreise seit Dezember 2001: 61,3 % (März 2005)
Arbeitslosigkeit: 11,4 % (1. Halbjahr 2006)
Arbeitslosigkeit einschließlich Sozialhilfeempfänger: 12,7 %
Unterbeschäftigung: 11,0 % (1. Halbjahr 2006)
Armutsrate: 33,8 % der Personen und 24,7 % der Haushalte (2. Halbjahr 2005)
Elendsrate: 12,2 % der Personen und 8,4 % der Haushalte (2. Halbjahr 2005)
Analphabetenrate: 2,6 % (2001)
Funktionelle Analphabeten (ohne Primarschulabschluss): 9,8 % (2004)
HIV-Prävalenz: 0,7 % (2001)
Lebenserwartung: 76,12 Jahre (2006)
Kindersterblichkeit: 14,73 pro 1.000 Lebendgeburten (2006)
Zahl der Kinder pro Frau: 2,16 (Schätzung 2006)
Bevölkerungswachstum durch Zuwanderung /Jahr: 0,04 % (2006)
Bevölkerungswachstum insgesamt /Jahr: 0,96 % (Schätzung 2006)
Anmerkung: Bei der Armuts- und Elendsrate variieren die Einkommen, nach denen sich die Rate richtet, je nach Region, daher wird nur ein ungefährer Durchschnittswert angegeben. Bei der Inflationsrate wird der Wert nur im Großraum Buenos Aires errechnet.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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