Armenien  5.4 Vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart
Am 24. April 1915 veranlasste die 1908 an die Macht gekommene und – im Gegensatz zur multikulturellen Politik des Osmanischen Reiches - nationalistisch orientierte jungtürkische Bewegung um Talaat Pascha die Verhaftung und Deportation armenischer Intellektueller in Istanbul und leitet damit den Völkermord an den Armeniern ein.
Von 1918 bis 1920 existierte die unabhängige Demokratische Republik Armenien, die sich der Entente gegen die Mittelmächte anschloss. Der Vertrag von Sèvres vom 10. August 1920, einer der Pariser Vorortverträge, die den Ersten Weltkrieg beendeten, sah die Unabhängigkeit Armeniens vor. Der Vertrag trat nie in Kraft, da ihn nicht alle Vertragsstaaten ratifizierten. Infolge des Griechisch-Türkischen Krieges (1919 - 1922) wurde der Vertrag von Sèvres im Vertrag von Lausanne zugunsten der Türkei revidiert. 1920 teilten die Türkei und Sowjetrussland Armenien unter sich auf und fixierten dies im Vertrag von Kars vom 23. Oktober 1921. Nach Gründung der UdSSR 1922 wurde Ostarmenien ein Teil der Transkaukasischen Sozialistischen Föderalen Sowjetrepublik.
1936 wurde Ostarmenien eine formal eigenständige Unionsrepublik der Sowjetunion, die Armenische Sozialistische Sowjetrepublik. Sie entwickelte sich zu einem wichtigen Standort der chemischen Industrie, der Schuhindustrie und der Informatik. Viele elektronische Bauteile für die sowjetische Raumfahrt und auch Roboter wurden hier entwickelt. In der Sowjetunion war die Armenische SSR unter anderem wegen des warmen Klimas ein beliebtes Reiseziel.
Die Armenische SSR war seit dem Ende der achtziger Jahre neben der Estnischen SSR, der Lettischen SSR, der Litauischen SSR und der Georgischen SSR ein Zentrum der separatistischen Bewegungen innerhalb der UdSSR. Zu dieser Zeit flammte auch der Konflikt um Bergkarabach, ein mehrheitlich armenisches besiedeltes Gebiet innerhalb der Aserbaidschanischen SSR, wieder auf.
Am 7. Dezember 1988 erschütterte ein schweres Erdbeben die Region Lori im Norden der Armenischen SSR, das den Wert 6,8 auf der Richterskala erreichte. Viele Gebäude, insbesondere Schulen und Krankenhäuser, hielten dem Erdbeben nicht Stand und 25.000 Menschen starben. Hinzu kamen die winterlichen Temperaturen und die äußerst mangelhafte Vorbereitung der Behörden. Die Regierung ließ ausländische Helfer ins Land. Dies war der erste Fall, in dem die Sowjetunion ausländische Hilfe in größerem Ausmaß annahm. Die damals entstandenen schweren Schäden an der Infrastruktur hemmen die wirtschaftliche Entwicklung dieser Region bis heute (2006).
Im August 1991 benannte sich die Armenische SSR in Anlehnung an die erste Republik in Republik Armenien um. Nach der Unabhängigkeitserklärung am 21. September 1991 entstand das heutige Armenien. Der westliche, weitaus größte Teil des historischen Siedlungsgebietes der Armenier blieb unter türkischer Herrschaft.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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