Bangladesch  4 Geschichte
Bangladesch (Land der Bengalen, bangla = bengalisch + desh = Land) bildete bis 1947 einen Teil Britisch-Indiens. Nach der Teilung des Landes in einen mehrheitlich hinduistischen, säkularen Staat (Indien) und einen muslimischen Staat (Pakistan) wurde das ebenfalls überwiegend islamische Ost-Bengalen Pakistan zugeschlagen, von dem es geographisch durch Indien getrennt war. Trotz der gemeinsamen islamischen Religion trennten Westpakistan und Ostpakistan aber nicht nur sprachliche und kulturelle Verschiedenheiten. Der fruchtbare Osten erzielte mit seinen Jute- und Reisexporten Überschüsse, die fast ausschließlich dem Westflügel zugute kamen, wo sie wiederum vorrangig für das Militär ausgegeben wurden. Insbesondere im pakistanisch-indischen Kaschmirkrieg im Jahr 1965 wurde deutlich, dass einerseits Westpakistan keinerlei Anstrengungen zur militärischen Sicherung Ostpakistans unternahm, andererseits die Kaschmirfrage in Ostpakistan kaum auf Interesse stieß. Zudem waren Bengalen sowohl im Militär als auch in der Staatsverwaltung stark unterrepräsentiert. Scheich Mujibur Rahman, der charismatische Führer der ostpakistanischen Awami-Liga, forderte deshalb weitestgehende Autonomie für Bengalen (Ostpakistan). Nach dem Rücktritt von Präsident Mohammed Ayub Khan 1968 sah sein Nachfolger General Yahya Khan keine Alternative zur Ausschreibung der ersten freien Wahlen in Gesamtpakistan seit der Staatsgründung. Angesichts des Erdrutschsieges der Awami-Liga im Osten und der Bevölkerungsverhältnisse in beiden Landesteilen hätte dies zu einer ostbengalischen Regierung für den Gesamtstaat führen müssen, was in Westpakistan vor allem beim dortigen Wahlsieger Zulfikar Ali Bhutto und der westpakistanische Armee auf Widerstand stieß. Sie entschlossen sich zu einer blutigen Unterdrückung der separatistischen Bestrebung, die vor allem auf eine Eliminierung der bengalischen Eliten hinauslief. Nur einen Tag nach der Machtübernahme der Armee proklamierte Mujibur Rahman die Unabhängigkeit des Landes. Eine endgültige Entscheidung konnte aber erst durch ein Eingreifen Indiens in Ostpakistan, das sich für den Freiheitskampf der Bengalen stark gemacht hatte, herbeigeführt werden (3. – 16. Dezember 1971). Am 17. Dezember 1971 erlangte Ost-Pakistan schließlich auch völkerrechtlich die Unabhängigkeit, und gab sich den Namen Bangladesch. Nach Darstellung der Regierung von Bangladesch kostete der Unabhängigkeitskrieg drei Millionen Bangladescher das Leben und mehr als 20 Millionen Flüchtlinge flohen nach Indien. Viele Inder sehen die unermessliche Zahl an Flüchtlingen nach Nordostindien als eigentlichen Grund für das indische Eingreifen in den Konflikt. Ab dem Frühjahr 1972 wurde Bangladesch sukzessive von der Mehrheit der Staatengemeinschaft anerkannt.
Der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus verdient es, in dem Zusammenhang als Mitbegründer des unabhängigen Staates Bangladesch genannt zu werden. Er ist einer der geistigen Väter. Er hat als die treibende Kraft zusammen mit Freunden, Texte für die Weltöffentlichkeit verfasst und Demonstrationen organisiert, immer in dem Bewusstsein, es für die hungerleidenden Menschen in seinem Land zu tun. (Nachzulesen in: Muhammad Yunus, Grameen, Eine Bank für die Armen der Welt, Bergisch Gladbach 1998)
Nach seiner Unabhängigkeit wurde Bangladesch eine parlamentarische Demokratie mit Mujib als Premierminister. 1973 gewann die Awami-Liga die absolute Mehrheit. 1973, 1974 und Anfang 1975 traten landesweit Hungersnöte auf. Mujib führte ein Ein-Parteien-Regime ein und benannte die Awami-Liga in BAKSAL um. Am 15. August 1975 wurden Mujib und seine Familie bei einem Militärputsch umgebracht. In den nächsten 3 Monaten folgten eine Reihe von Putschen und Gegenputschen, bis General Ziaur Rahman an die Macht kam. Er führte wieder ein Mehr-Parteien-System ein und gründete die BNP (Bangladesh Nationalist Party/Bengalische Nationalpartei). Zia wurde 1981 von Militärs umgebracht. Etwas später kam General Hossain Mohammad Ershad bei einem unblutigen Staatsstreich an die Macht. Er regierte bis zu einem Volksaufstand 1990. Seit diesem Zeitpunkt ist Bangladesch zur parlamentarischen Demokratie zurück gekehrt. Zias Witwe Khaleda Zia errang mit der BNP 1991 und 2001 Wahlsiege und war von 1991 bis 1996 und von 2001 Regierungschefin. Von 1996 bis 2001 war Hasina Wajed, eine überlebende Tochter von Mujib und Führerin der Awami-Liga, Regierungschefin.
Bangladesch leidet an ausufernder Korruption, Unordnung und politischer Gewalt. In jüngster Vergangenheit macht Bangladesch wegen einer umstrittenen Parlamentswahl von sich reden, die im Januar 2007 stattfinden soll. Anfang Januar kam es zu so schweren Unruhen unter Führung der oppositionellen Awami-Liga, dass Staatspräsident Iajuddin Ahmed am 11. Februar den Ausnahmezustand über das Land verhängen musste.[3] Eine Übergangsregierung unter dem Ökonomen Fakhruddin Ahmed hat die Amtsgeschäfte seither übernommen. Ein neuer Wahltermin wurde bisher noch nicht festgesetzt. Aus Regierungskreisen hieß es, dass die Übergangsregierung zunächst Reformen durchführen will, um freie und faire Wahlen zu garantieren. Außerdem wolle man die Korruption bekämpfen. Seit dem 11. Februar wurden in ganz Bangladesch fast 100.000 Menschen verhaftet.[4] Unter den Verhafteten auch viele Spitzenpolitiker wie der Sohn der ehemaligen Premierministerin Khaleda Zia (BNP). Er gilt als einer der korruptesten Politiker des Landes.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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