Estland  3 Geschichte
Das heutige Estland besteht aus der ehemaligen (von 1710 bis 1918 zum russischen Reich gehörigen) Ostseeprovinz Estland und dem nördlichen Teil Livlands, zu dem auch die Insel Saaremaa (Ösel) gehörte. Die mit dem Deutschen Orden ins Land gekommenen Vasallen hatten sich 1252 erstmals zu einer autonomen Landesverwaltung zusammengeschlossen, die durch das bis 1346 dänische Nordestland bestätigt wurde. Nach dem Ende der Herrschaft des Ordens 1561 nahmen die hanseatischen Städte und die Ritterschaften auf dem Land die öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungsaufgaben wahr. Die Landesprivilegien, ein Autonomiestatus wurde auch ab 1561 von der schwedischen, und seit 1710 der russischen Oberherrschaft bestätigt. Estland stand bis zum Ende des Nordischen Krieges unter schwedischer Herrschaft.
Die Oberschicht der Stadtbürger und Gutsbesitzer war deutschsprachig, bis 1885 war Deutsch Unterrichts- und Behördensprache. Dann setzte eine Russifizierungskampagne ein.
Eine zentrale Rolle spielte bei der Entwicklung zur eigenen kulturellen und politischen Identität die Universität Tartu (Dorpat), auf der seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts die studierenden Esten sich bewusst nicht mehr über die Mitgliedschaft in den Corporationen assimilieren wollten, sondern vor allem im Verein Studierender Esten (EÜS) eine eigene Identität förderten. Während des Zerfalls des Russischen Reiches im Verlauf der Oktoberrevolution erlangte Estland am 24. Februar 1918 seine Unabhängigkeit.
In den Jahren 1939/40 wurden die Deutschbalten von den Nationalsozialisten aus Estland und Lettland "heim ins Reich" geholt. Grund war die im Geheimabkommen zum Hitler-Stalin-Pakt geschlossene Vereinbarung, das Baltikum dem sowjetischen Einzugsbereich zu überlassen.
Unter massivem Druck und Gewaltandrohung durch die Sowjetunion "traten" die baltischen Länder 1940 dieser "bei". Die "Estnische Sozialistische Sowjetrepublik" wurde mit Unterstützung von sowjetischen Emmisaren proklamiert, nachdem Estland zuvor bereits russische Truppen auf seinem Territorium dulden musste. Von 1941 bis 1944 war das Land von deutschen Truppen besetzt und wurde verwaltungstechnisch dem Generalkommissariat Ostland zugeordnet. In dieser Zeit wurde die Genozid-Politik des Dritten Reiches auch in Estland unter Mitwirkung Einheimischer verfolgt.
Aufgrund der Erfahrungen mit den Sowjets schlossen sich auch Esten den deutschen Truppen an, allerdings kämpften ebenso Esten auf der sowjetischen Seite. Nach der erneuten Besetzung durch die Rote Armee im Herbst 1944 wurde das Land unter Wiederherstellung der Estnischen Sowjetrepublik von 1940/41 in die Sowjetunion eingegliedert. Es folgten Deportationen vermeintlich oder tatsächlich dem sowjetischen System ablehnend gegenüberstehender Einwohner Estlands. [1]
Während des Zweiten Weltkriegs verließ auch die schwedisch-sprachige Bevölkerung, die vor allem auf den Inseln Hiiumaa (Dagö), Vormsi und Ruhnu (Runö) gelebt hatte, das Land. Bis dahin hatten sie sich ihr Estlandschwedisch, das mit dem Finnlandschwedischen zu den Ostschwedischen Sprachen zählt, bewahrt.
In der Zeit von 1945 - 1990 wurde durch gezielte Ansiedlung nichtestnischer Einwohner, insbesondere von Russen, die Zusammensetzung der Bevölkerung nach Nationalitäten wesentlich zu Ungunsten der einheimischen estnischen Bevölkerung verändert.
Im August 1991 wurde Estland nach mehrjährigen Bemühungen insbesondere seit 1988 wieder unabhängig. Der Begriff der Singenden Revolution zeigte den überwiegend friedlichen Verlauf der Befreiungsbemühungen. Es wurde am 2. April 2004 NATO-Mitglied. Die estnische Bevölkerung befürwortete am 14. September 2003 in einem Referendum den Beitritt zur Europäischen Union. Am 1. Mai 2004 wurde daraufhin Estland in die EU aufgenommen.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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