Finnland  4.5 Nachkriegszeit
In der Nachkriegszeit und insbesondere im Kalten Krieg nahm Finnland eine Sonderstellung im Spannungsfeld zwischen den Blöcken ein. Das Land hatte sich im Krieg seine Unabhängigkeit und die marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung bewahrt, die Sowjetunion behielt aber einen großen Einfluss auf die finnische Politik. Finnland verfolgte einerseits eine strikte Neutralitätspolitik, andererseits eine insbesondere durch Präsident Juho Kusti Paasikivi vorangetriebene Versöhnung mit der Sowjetunion. 1948 wurde mit der Sowjetunion ein Freundschafts- und Kooperationsabkommen geschlossen, das durch mehrfache Verlängerung bis zum Ende der Sowjetunion in Kraft blieb. Konflikte mit dem östlichen Nachbarn wurden durch intensive, oftmals inoffizielle Kontakte der finnischen Politik mit Moskau vermieden. Diese Politik, die verschiedentlich den Eindruck des vorauseilenden Gehorsams erweckte, wurde hauptsächlich von westdeutschen Politikern mit dem geringschätzigen Prädikat der Finnlandisierung belegt.
Der prägende Politiker im Nachkriegsfinnland war Urho Kekkonen, der von 1956 bis 1982 Präsident der Republik Finnland war. Er verband die seinerzeit weitreichenden verfassungsmäßigen Befugnisse des Präsidenten mit einem autokratischen Führungsstil, und die Pflege der Beziehungen zur Sowjetunion betrachtete er weitgehend als seine Privatangelegenheit. 1973 ließ er seine Amtszeit durch ein parlamentarisches Ausnahmegesetz verlängern, obwohl an seiner Wiederwahl in den regulären Wahlen kaum Zweifel bestanden hätte. Insgesamt wird der Amtszeit Kekkonens daher ein Demokratiedefizit bescheinigt, der Präsident konnte sich aber während der gesamten Periode der Unterstützung der Wählermehrheit sicher sein.
Zu den bedeutendsten Erfolgen Kekkonens gehört die 1975 in Helsinki abgehaltene KSZE-Konferenz, welche neben deren Auswirkungen auf den Verständigungsprozess in Europa auch die Stellung Finnlands als neutralem Staat festigte.
Der Zusammenbruch der Sowjetunion stürzte Finnland, dessen Wirtschaft sich zu einem großen Teil auf den Osthandel stützte, Anfang der Neunzigerjahre in eine schwere Wirtschaftskrise. Gleichzeitig erlangte das Land aber größeren außenpolitischen Spielraum. 1992 nahm Finnland Verhandlungen zum Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft auf, die 1995 in der Vollmitgliedschaft in der heutigen Europäischen Union mündeten.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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