Finnland  5.3 Religion
Seit 1923 ist die Religionsfreiheit in der finnischen Verfassung garantiert. Die Evangelisch-Lutherische Kirche und die Orthodoxe Kirche sind per Gesetz als Volkskirchen festgeschrieben und genießen besondere Vorrechte. Ihre Mitglieder zahlen eine Kirchensteuer in Höhe von 1 bis 2,25 % ihres Einkommens, zudem erhalten die Volkskirchen staatliche Zuwendungen für soziale und karitative Zwecke und Instandsetzungsaufgaben. Obwohl die finnische Gesellschaft weitgehend säkularisiert ist, sind rund 85% der Bevölkerung konfessionell gebunden.[29]
Die überwiegende Mehrzahl der Finnen gehört der Evangelisch Lutherischen Kirche Finnlands an. Sie hatte im Jahr 2006 4.366.255 Mitglieder, was über 83% der Gesamtbevölkerung entspricht.[30] Die Zahl ist allerdings seit Jahren rückläufig, ebenso die Anzahl der Gottesdienstbesucher. Nur 2 % der Kirchenmitglieder besuchen wöchentlich eine Kirche, rund 10 % einmal monatlich.[31] Die meisten Gläubigen besuchen Gottesdienste nur an hohen Feiertagen wie Weihnachten, Ostern oder zu familiären Anlässen wie Taufen, Hochzeiten und Bestattungen. Dennoch genießt die Kirche hohes Ansehen in der Bevölkerung und stellt insbesondere in ländlichen Gebieten ein wichtiges soziales Netzwerk dar. In manchen ländlichen Gegenden dominieren Erweckungsbewegungen das Gemeindeleben. In Nordfinnland ist der Laestadianismus weit verbreitet, insgesamt hat er in Finnland rund 120.000 Anhänger.[32] Vor allem in Teilen Savos und Österbottens sind pietistische Gruppen stark vertreten.
Der seit 1923 autonomen Orthodoxen Kirche Finnlands gehören rund 60.000 Menschen in 24 Gemeinden an, also rund 1,1% der Bevölkerung.[33] Das orthodoxe Christentum verbreitete sich seit dem Mittelalter von Nowgorod aus vor allem nach Karelien. Während der russischen Herrschaft bildeten sich mit den Zuzug von russischen Beamten und Militärs auch orthodoxe Gemeinden in den Großstädten des Landes, deren Nachkommen, die so genannten „alten Russen,“ heute rund 3000 Köpfe zählen.[34] Als Finnland nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg große Teile Kareliens an die Sowjetunion abtreten musste, wurden auch zehntausende Orthodoxe aus Karelien umgesiedelt und über ganz Finnland verstreut. Seit 1990 hat sich die Anzahl der orthodoxen Christen durch die Einwanderung von „neuen Russen“ aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion deutlich erhöht.
Nicht zur evangelischen Volkskirche gehören die verschiedenen Pfingstkirchen, denen mindestens 50.000 Menschen angehören. Zudem gibt es in Finnland 19.200 Zeugen Jehovas und über 3.300 Mormonen. Die Katholische Kirche in Finnland hat rund 8.000 Anhänger, zumeist Ausländer oder Einwanderer vor allem aus Polen. Das katholische Bistum Helsinki besteht seit 1995 und umfasst ganz Finnland.
In Finnland existieren zwei jüdische Gemeinden mit insgesamt rund 1.500 Mitgliedern, von denen 1.200 in Helsinki und 200 in Turku leben.[35] Sie sind sind überwiegend Nachkommen von Kantonisten, also Zwangsrekruten der Zarenarmee, die nach dem Ende ihrer Dienstzeit in Finnland blieben, oder von russischen Juden, die nach der Oktoberrevolution nach Finnland flohen. Ebenfalls seit der Zarenzeit ist eine tatarische Minderheit muslimischen Glaubens ansässig, deren Vorfahren zwischen 1870 und 1920 vom Oberlauf der Wolga nach Finnland übersiedelten. Heute leben in Finnland rund 800 Tataren, die meisten von ihnen in Helsinki und Umgebung. Seit 1990 hat sich die Zahl der in Finnland lebenden Muslime durch die Aufnahme von tausenden somalischer Flüchtlinge, aber auch durch Einwanderung aus dem Nahen Osten und Südosteuropa vervielfacht. Insgesamt leben in Finnland heute rund 20.000 Muslime. [36]

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