Indien  9 Wirtschaft
Indien ist eine gelenkte Volkswirtschaft, die seit 1991 zunehmend dereguliert und privatisiert wurde. Seither hat sich das Wirtschaftswachstum deutlich beschleunigt. 2004 stieg der Wert der gesamtwirtschaftlichen Produktion nach Angaben der Weltbank auf 691 Mrd. US-Dollar. Damit ist Indien in den Kreis der zehn größten Volkswirtschaften der Welt vorgestoßen. Die Leistungsfähigkeit der indischen Wirtschaft hat nach Einschätzung vieler Beobachter in einigen Branchen (Informationstechnologie, Pharmazie) inzwischen internationales Spitzenniveau erreicht.
2005 stieg das Bruttoinlandsprodukt nach vorläufigen Angaben weiter auf rund 760 Mrd. US-Dollar. Bei rund 1,1 Milliarden Einwohner betrug das Einkommen je Einwohner jedoch nur rund 700 US-Dollar. Damit zählt Indien nach wie vor zu den Entwicklungsländern mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen. Trotz eines Anteils von rund 17 Prozent an der Weltbevölkerung trägt Indien nur rund zwei Prozent zur weltweiten Produktion bei.
Behindert wird das Wachstum der Produktion der indischen Wirtschaft insbesondere durch Mängel der vielfach veralteten Infrastruktur, vor allem durch Engpässe bei der Energieversorgung wie den häufigen Stromausfällen. Trotz der 1991 begonnenen Liberalisierung der Wirtschaft leiden vor allem die Industrie und der Bankensektor nach wie vor unter häufigen staatlichen Eingriffen und den langsamen politischen Entscheidungsprozessen. Der Schutz ineffizienter Staatsunternehmen vor Wettbewerb bleibt ein Hemmschuh. Ein Belastungsfaktor ist auch die weitverbreitete Korruption. Zudem beeinträchtigen nach wie vor Arbeitsmarktregulierungen, die zum Beispiel notwendige Entlassungen von Arbeitskräften stark erschweren, das Investitionsklima. Ausländische Investoren werden so abgeschreckt.
Die Integration Indiens in die Weltwirtschaft hat sich in den letzten Jahren verstärkt. Das Land profitiert zunehmend von den Vorteilen der internationalen Arbeitsteilung und der Globalisierung. Die indische Wirtschaft ist aber noch sehr stark binnenwirtschaftlich orientiert. Ihr Anteil am Welthandel liegt bei nur einem Prozent, obwohl Ein- und Ausfuhren in den letzten Jahren kräftig gewachsen sind. Die niedrigen Anteile der Aus- und Einfuhren am Bruttoinlandsprodukt signalisieren noch beträchtliches Wachstumspotenzial. 2004 entsprachen die Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen nur gut 19 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die Einfuhren 22,5 Prozent.
Die mittel- und langfristigen Wachstumsperspektiven Indiens werden vielfach sehr günstig beurteilt. Einige Studien rechnen damit, dass Indien künftig sogar stärker als China wachsen wird. Abgesehen vom großen Nachholbedarf, insbesondere im Bereich der Infrastruktur, spricht vor allem die Altersstruktur der Bevölkerung für ein anhaltend starkes Wirtschaftswachstum. Der derzeitige hohe Anteil junger Menschen an der Bevölkerung wird in den nächsten Jahrzehnten für einen hohen Anteil von Menschen im erwerbsfähigen Alter sorgen. Die in Europa und auch in China zu erwartende „Vergreisung“ der Bevölkerung wird in Indien deutlich später einsetzen. Wachstumsstützen werden auch das schon heute große Angebot an qualifizierten Arbeitskräften und die enger werdende Integration in die Weltwirtschaft sein.
Die hohen Währungsreserven und relativ niedrige Auslandsschulden dürften das Vertrauen ausländischer Investoren in die Entwicklung der indischen Wirtschaft stärken. Bisher waren die ausländischen Direktinvestitionen in Indien im internationalen Vergleich, insbesondere mit China, gering.
Konfliktpotentiale bergen die derzeit noch große Armut, die ungleiche Einkommensverteilung und die hohe Arbeitslosigkeit. Bisher verzeichnet Indien jedoch eine bemerkenswert große soziale Stabilität.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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