Kolumbien  4 Geschichte
Bereits lange vor der Ankunft der Spanier lebten im Gebiet des heutigen Kolumbiens indianische Hochkulturen, die miteinander Handel trieben und insbesondere die Goldschmiedekunst auf höchstem Niveau beherrschten und die von ca. 4000 v. Chr. bis etwa ins Jahr 1600 Ton zu Figuren und Gegenständen verarbeiteten. Aufgrund der „chaotischen“ Landesnatur entwickelte sich im vorkolonialen Kolumbien jedoch nie ein einheitliches Staatsgebilde, wie dies das Reich der Inka in Peru darstellte. Unter den zahlreichen Indianervölkern, die Kolumbien besiedelten, sind besonders hervorzuheben: die Muisca, die auf den Hochebenen der Ostkordillere lebten; die Tayrona, die mit der sogenannten Ciudad Perdida in der Sierra Nevada de Santa Marta eine der frühesten Städte auf dem südamerikanischen Kontinent bauten; die Sinú, die das Gebiet entlang des gleichnamigen Flusses bevölkerten; die Quimbaya im Gebiet der heutigen Kaffeezone an der Westabdachung der Zentralkordillere; und nicht zuletzt die geheimnisvollen Kulturen von San Agustín mit ihren Steinskulpturen und Tierradentro mit ihren bemalten Grabkammern, die bereits lange vor Ankunft der Spanier ihre Hochphasen erreichten.
„Entdeckt“ wurde Kolumbien 1502 von dem Mann, der dem Land seinen Namen gab: Christoph Kolumbus. Er setzte jedoch nie einen Fuß auf kolumbianischen Boden und überließ dies nachfolgenden Conquistadoren, die angelockt von Gold und Smaragden in rascher Folge das Land besetzten, so z.B. Jiménez de Quesada, der 1538 Bogotá gründete, und Sebastián de Belalcázar, der vom heutigen Ecuador aus Städtegründungen in Kolumbien vorantrieb. Aufgrund seiner zentralen Bedeutung für die spanischen Besitzungen im nördlichen Südamerika wurde Bogotá zum Sitz des „Vizekönigreichs von Neu-Granada“ erhoben. Cartagena de Indias entwickelte sich während der Kolonialzeit zu einem der wichtigsten – und bestgeschützten – Häfen der neuen Welt.
Nach der Entdeckung Mittelamerikas durch spanische Seefahrer entstanden mit Santa Marta (gegr. 1527) und Cartagena de Indias (gegr.1533) die ersten kolonialen Stützpunkte an der kolumbianischen Karibikküste.
Als im Jahr 1537 die ersten spanischen Entdecker unter Gonzalo Jiménez de Quesada in das Andengebiet vordrangen, wurden die Chibcha unterjocht. Die Spanier erbauten einige Siedlungen, die die ehemaligen indianischen Handelszentren ersetzten, so zum Beispiel Santa Fé de Bogotá (gegr. 1538) und Tunja (gegr. 1539). Wenig später erfolgte die Gründung einer Provinz, aus der sich das Vizekönigreich Neugranada entwickelte.
Die zunehmende Herausbildung einer selbstbewussten Oberschicht in den Kolonien, gepaart mit der Schwächung Spaniens zur Zeit Napoleons, führte zur Unabhängigkeitsbewegung. Angeführt von Simón Bolívar, befreite sich ein Land nach dem anderen vom kolonialen Joch. Nach zahlreichen Schlachten (u.a. Pantano de Vargas, Puente de Boyacá) gelang es Kolumbien, seine Unabhängigkeit zu erringen. Der Traum Bolívars von einem „Groß-Kolumbien“, das Kolumbien, Venezuela, Ecuador und Panama vereinte, währte jedoch weniger als zehn Jahre. Das Gebilde zerfiel 1830 in seine Einzelteile und der Befreier verstarb verbittert in Santa Marta. Kolumbien war die erste Demokratie Lateinamerikas und die zweite in Amerika nach der der USA. Die zentrifugalen Kräfte wirkten auch in den Folgejahren fort und zerschlugen Kolumbien in den föderalen Bund der „Vereinigten Staaten von Kolumbien“. Erst 1886 gelang es, Kolumbien in einer zentralistisch geführten Republik zu einigen. Diese Republik wurde bereits 1898 erneut auf eine Probe gestellt, als sich die anhaltenden internen Konflikte im „Krieg der 1000 Tage“ entluden. Kolumbien ging so geschwächt aus diesem Bürgerkrieg hervor, dass es die von den USA im Zusammenhang mit dem Kanalbau betriebene Sezession Panamas akzeptieren musste.
Kolumbien ist einer der Staaten, die durch den Zerfall Großkolumbiens im Jahr 1830 entstanden (die anderen sind Ecuador, Panama und Venezuela). Bis 1861 behielt man den Namen Neugranada, ehe man das Land zu Ehren von Christoph Kolumbus in Kolumbien umbenannte. Bis zum Jahre 1903 gehörte auch das heutige Panama zu Kolumbien.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebte Kolumbien eine Blütezeit, die eng verbunden war mit dem Aufstieg eines Exportprodukts: Kaffee. In den 1920er-Jahren machte Kaffee bis zu 90% der kolumbianischen Exporte aus und ermöglichte es dem Land, in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zu investieren und die staatlichen Institutionen zu stärken. Die Schattenseite dieses Booms waren zunehmende soziale Spannungen zwischen einer immer reicher werdenden Oligarchie und einer verarmten Landbevölkerung. Die Ermordung des linkspopulistischen Präsidentschaftskandidaten Jorge Eliécer Gaitán am 9. April 1948 war der Funke, der das Pulverfass zur Explosion brachte. Es kam zu einem blutigen Bürgerkrieg, in dessen Verlauf die meisten der noch heute tätigen Guerrilla-Organisationen entstanden.
Nach dem kurzzeitigen – und für Kolumbien untypischen – Intermezzo einer Militärdiktatur unter Gustavo Rojas Pinilla Mitte der 50er Jahre schlossen die verfeindeten Liberalen und die Konservative Partei einen Pakt, der das gegenseitige Abwechseln in der Präsidentschaft in den Folgejahren vorsah. Während diese Lösung den Konflikt zwischen den beiden großen Parteien beendete, kam es zu einer Stärkung der von diesem Pakt ausgeschlossenen Guerrilla-Gruppen.
Seit Jahrzehnten dauert nun schon ein bewaffneter Konflikt in Kolumbien an. Nach einer weiteren Welle von Gewalt und Terror verhängte Präsident Álvaro Uribe Vélez am 12. August 2002 für 90 Tage den Ausnahmezustand. Der im Jahre 2003 von Uribe begonnene Demobilisierungsprozess mit den Paramilitärs drohte zu scheitern. Ein Grund dafür war das spurlose Verschwinden des Gründers der Paramilitärs, Carlos Castaño, ein anderer die Forderung der Paramilitärs, für ihre Taten, einschließlich des Drogenhandels, nicht bestraft und an die USA ausgeliefert zu werden. Kolumbien bleibt weltweit das Land mit den meisten Entführungen und politischen Morden. Ein Großteil der auch von der UN beanstandeten Menschenrechtsverletzungen geht auf das Konto der Paramilitärs. Der Demobilisierungsprozess löste eine Kontroverse über die Straffreiheit von Personen aus, die massive Verbrechen begangen haben. Daneben wird kritisiert, dass Drogenhändler, die eine Auslieferung an die USA umgehen wollen, sich offiziell als ehemalige Paramilitärs ausgeben und so in den Genuss der Amnestie gelangen.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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