Lettland  11 Kultur und Gesellschaft
Lettland wird kulturell vor allem nordeuropäisch beeinflusst. Die Altstädte weisen die typischen im Raum der Hanse verbreiteten Elemente auf. Auch die aktuelle lettische Kultur besitzt vielfältige Beziehungen zu Schweden und Finnland, vor allem aber zum norddeutschen Kulturraum.
Seit der Reformation ist die wichtigste Religion im westlichen und im zentralen Teil Lettlands die evangelisch-lutherische; nur das im Osten Lettlands gelegene Lettgallen ist mehrheitlich katholisch, da es historisch mit Litauen und Polen verbunden ist. Beide Kirchen spielten eine wichtige Rolle in der "Singenden Revolution", erhielten in dieser Zeit viele neue Mitglieder. Die Ev.-lutherische Kirche Lettlands lehnt sowohl Homosexualität als auch die Frauenordination, wie die römisch-katholische Kirche auch, ab. Damit begibt sie sich in eine gegensätzliche Position zur lettischen Exil-Kirche (zum Beispiel in Schweden, Deutschland oder USA).
Lettland ist besonders bekannt für seine Folklore und Volksmusik-Kultur, in der vorchristliche Vorstellungen der altlettischen Religion eine zentrale Rolle spielen. Von den typischen Dainas – meist vierzeiligen, nicht gereimten Lieder zu allen nur erdenklichen Themen von der Mythologie bis zu den Niederungen des Alltags – sind inzwischen über eine Million gesammelt worden, was im Verhältnis zur Bevölkerungszahl Weltspitze sein dürfte. Die Niederschrift dieser bis dahin mündlichen Überlieferung wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Krišjānis Barons begonnen; sein eigens dafür gefertigter Daina-Schrank gilt heute als eine Art Nationalheiligtum. Viele alte, jedoch bis heute lebendige Bräuche und Dainas ranken sich um das Mittsommerfest Jāņi am 23. und 24. Juni, was in Lettland staatliche Feiertage sind.
In Rīga (während der Sowjetzeit an verschiedenen Orten im Ausland) findet alle fünf Jahre ein großes Sängerfest statt, an dem mehrere tausend lettische, exil-lettische und internationale Chöre teilnehmen.
Wie bei den meisten sehr kleinen Völkern findet sich auch bei den Letten ein sehr ausgeprägtes Nationalgefühl.
Ähnlich wie in Estland war die Stadtkultur und der Großgrundbesitz bis zur Umsiedlung der deutschen Minderheit 1940 nach Deutschland und den annektierten polnischen Gebiete deutschsprachig – und damit für Jahrhunderte auch die Intelligenz des Landes. Die vormals kulturell bedeutende jüdisch-jiddische Minderheit spielt heute im öffentlichen Leben ebenfalls keine Rolle mehr.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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