Libanon  5.3 Hariris Ermordung und Neuwahlen 2005
Der syrienfreundliche Präsident Lahoud konnte Ende 2004 sein abgelaufenes Mandat vom Parlament durch Verfassungsänderung um drei Jahre verlängern lassen. Dies führte rasch zum Rücktritt Rafiq al-Hariris, nachdem sich dieser darüber hinaus auch mit seiner Forderung nach einem Abzug der syrischen Truppen nicht durchsetzen konnte. Am 14. Februar 2005 wurde al-Hariri durch einen Anschlag getötet, bei dem mehrere Menschen ums Leben kamen.
Der Tod al-Hariris wurde zum Ausgangspunkt einer gefährlichen innenpolitischen Eskalation. Eine breite oppositionelle Bewegung forderte vehement den Rückzug der syrischen Truppen. Diese Bewegung stützte sich vor allem auf die Christen, Drusen und Sunniten, wurde aber auch von nennenswerten Teilen der schiitischen Bevölkerung mitgetragen. Auch die USA und Frankreich übten seit Ende Februar immer mehr Druck auf Syrien aus. Es wurde mit militärischen Aktionen gedroht, vielmehr stand eine derartige Drohung seit dem Irak-Krieg im Raum. Am 28. Februar trat die syrienfreundliche libanesische Regierung zurück. Syrien verständigte sich am 7. März mit dem Libanon seine Truppen als ersten Schritt bis zum Ende des Monats ins östliche Bekaa-Tal zurückzuziehen. Ende April waren dann bereits alle 14.000 syrischen Soldaten in ihre Heimat zurückgekehrt.
Seit der Ermordung al-Hariris gab es beinahe täglich Demonstrationen. Fast alle wurden von oppositionellen Gruppen organisiert. Zu diesen Demonstrationen kamen Zehntausende. Am 8. März rief die syrienfreundliche Hisbollah zu einer Demonstration auf, um gegen die UN-Resolution 1559 (die eine Entwaffnung dieser Gruppe fordert) zu protestieren. Viele Teilnehmer an der Demonstration dankten aber auch den Syrern und wandten sich gegen die USA und Israel. An diesem 8. März kamen ca. 500.000 Menschen. Dies gab der prosyrischen Fraktion genug Kraft, um den wenige Tage zuvor zurückgetretenen Premier Karami am 10. März neuerlich mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Am 14. März versammelten sich bei einer weiteren Demonstration der Opposition 300.000 Menschen im Zentrum Beiruts.
Nachdem Karami letztlich doch scheiterte, wurde Nadschib Miqati am 15. April Ministerpräsident einer Übergangsregierung. Im Juni fanden Parlamentswahlen statt. Sie wurden von der Saad al-Hariris oppositioneller anti-syrischer „Zukunftsbewegung“ gewonnen. Saad al-Hariri ist der Sohn des ermordeten Rafiq al-Hariri.
Am 30. Juli wurde der damalige Finanzminister Fouad Siniora von Präsident Lahoud zur Regierungsbildung beauftragt. Ihr gehört erstmals ein Minister (Energieminister) der schiitischen Hisbollah an. Michel Aouns Bewegung FPM (Free Patriotic Movement), die seit 1990 gegen die Syrische Besetzung friedlich gekämpft und demonstriert hat, konnte jedoch keine Minister stellen, da sie sich aus den "14. März-Kräfte" ausschloss. Dies war für Beobachter überraschend, da die Zukunftsbewegung eine Regierung der nationalen Einheit bilden wollte.
Im Juni 2006 gelang es dem libanesischen Geheimdienst, Mahmoud Rafeh, den Chef einer Gruppe von Terroristen, zu verhaften. Rafeh soll seit Jahren im Libanon tödliche Anschläge im Auftrag des israelischen Geheimdienstes Mossad durchgeführt haben. Nach Aussagen des libanesischen Verteidigungsministers Elias Murr, der selbst einem Mordanschlag am 12. Juli 2005 entgangen war, hielt man es für sehr wahrscheinlich, dass israelische Militärflugzeuge an der Auslösung von Autobomben beteiligt gewesen seien. Der libanesische Staatspräsident Émile Lahoud erklärte, die Ermittlungen der libanesischen Behörden würden fortgesetzt und deren Ergebnisse dem UN-Ermittler, Serge Brammertz, übergeben, dessen Untersuchungskommission beauftragt ist, den Mord an dem ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Hariri am 14. Februar 2005 zu untersuchen.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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