Nauru  3.3 Geologie
Der bemerkenswerteste Teil im Innern der Insel sind fantastisch anmutende Kalksteinzacken und -pyramiden, die sich in den ausgebeuteten Phosphorittagebauen gebildet haben. Sie sind vier bis zehn Meter hoch, und zwischen ihnen ist ein ganzes Labyrinth von Kesseln und tiefen Mulden entstanden.
Der übrige Teil der Insel ist eine fast ebene Tafel. Das von Baggern abgebaute Phosphat wurde mit einer Schmalspurbahn abgefahren; eine eigentümliche, unbelebte Mondlandschaft blieb übrig. Die Steinzacken und -pyramiden haben keine Bodendecke und sind vegetationslos. Das Regenwasser läuft in den Mulden zusammen und versickert schnell durch den porösen Riffkalkstein.
Geographen, Geomorphologen und Geologen untersuchten Relief, Boden und geologischen Bau der Insel und leiteten daraus eine sehr abwechslungsreiche Entwicklungsgeschichte ab: Das Nauru-Atoll existiert bereits seit sehr langer Zeit. Das ringförmige Saumriff aus Korallen des Tertiärs ist bis heute erhalten geblieben. Im Paläogen, dem Alttertiär, lag der Boden der Lagune 60 Meter unter dem heutigen Meeresspiegel. Im Miozän, einem Abschnitt des Jungtertiärs, wurde das Atoll stark angehoben, so dass der Boden der Lagune 10 Meter höher lag als der heutige Meeresspiegel. Wahrscheinlich unterlag die Oberfläche der Insel in dieser Zeit einer starken Erosion, wodurch ein Karstrelief geformt wurde. Dies sind die heutigen Steinzacken und -pyramiden, die den Tagebauen ein so seltsames Aussehen geben. Im Anschluss daran wurde die Insel überflutet, und es bildete sich eine Seichtwasserlagune. In den Mulden und anderen Hohlräumen zwischen den Zacken des Riffkalksteins setzten sich mit Phosphor angereicherte Sedimente ab. Die Überflutung der Insel hielt längere Zeit an. Dabei erfuhren die Lagunensedimente beträchtliche Veränderungen, die möglicherweise dazu beitrugen, dass sich die in den Sedimenten enthaltenen Karbonate auflösten und die Sedimente mit Phosphorverbindungen angereichert wurden.
Danach trat eine längere Periode der Hebung der Insel ein; der Boden der früheren Lagune stieg aus dem Wasser empor, und Pflanzen begannen die Insel zu besiedeln. Gegenwärtig liegt der gesamte innere Teil der Insel zwanzig bis dreißig Meter über dem Meeresspiegel. Es ist nur eine kleine Vertiefung erhalten geblieben, die von einem See - der Buada-Lagune - eingenommen wird.
Dieses Bild der geologischen Geschichte Naurus enthält zwei strittige Punkte:
Etwas zweifelhaft ist die Erklärung, die für die Entstehung des eigenartigen Reliefs gegeben wird. Außer der Vermutung, dass es eine starke Verkarstung gegeben hat, dass also die Riffkalke gelöst worden sind, lässt sich noch eine andere Auffassung vertreten: Am Strand und im steinigen Flachwasser gibt es besonders an der Ostseite der Insel recht viele als „Zeugen“ erhalten gebliebene kleine Steinsäulen. Sie sind merkwürdig geformt und haben sich infolge der Zerstörung des Riffmassivs durch die Meereswogen gebildet. Man kann sich vorstellen, dass der gesamte Seichtwasserteil der Inseloberfläche in Hebungsperioden einer intensiven Bearbeitung durch die Wellen unterworfen war. Dieser Raum war nicht geschützt, jedenfalls hat es in dem ringförmigen Riff sehr breite Durchlässe gegeben. Die weitere Hebung der Insel hat dann lediglich zur Folge gehabt, dass die vorausgegangene Ausspülung fortgesetzt wurde, wobei das Regenwasser die als Reste stehen gebliebenen Steinsäulen und Steinzacken geglättet hat.
Der zweite strittige Punkt ist die Entstehung der Phosphorite. In den Tagebauen und an Stellen, wo der so genannte Nauruit zutage tritt, kann man erkennen, dass die Schicht der Phosphoritsedimente kompliziert gebaut ist. Am typischsten ist das Bild zerstückelter Trümmer von unterschiedlicher Größe: teilweise Krusten und Schollen von einem Meter Durchmesser, zumeist kleinere kantige Trümmerstücke, seltener abgeschliffene Phosphoritnieren, die mit Feinerde vermischt sind. Dieses ganze Material ist nicht sortiert und sehr verschiedenartig. Demnach ist die ursprüngliche Anhäufung von Phosphorit, der sich gewöhnlich in Flachwasser nach dem Tod großer Planktonmassen bildet, bei starker Erosion und mehrfacher Umlagerung, wiederholt umgeformt worden.
In der komplizierten und langen Geschichte der Insel hat es zweifellos auch Perioden gegeben, in denen starke Taifune über sie hinwegzogen. Dann erfolgten eine sehr intensive Auswaschung und Umlagerung des Trümmermaterials. Derartige katastrophale Veränderungen sind auch von heutigen Atollen beschrieben worden. In jedem Fall wird dann darauf hingewiesen, dass auf der Insel und im Flachwasser an der Küste riesige Massen von Trümmermaterial umgelagert und umgeformt worden sind. Dabei wurde die Feinerde auf die offene See hinausgetragen, während die größeren Stücke, vorwiegend Phosphoritknollen und Bruchstücke der durch Tropfen entstandenen Krusten, auf der Insel blieben. Geröll und Bruchstücke wurden in den Hohlformen des Reliefs festgehalten, und in einem verkarsteten Relief füllten sie vor allem die Mulden und Taschen zwischen den Zacken und Pyramiden aus Riffkalk.
Zur Entstehung des Phosphatgesteins existiert noch eine andere Version, die aber als wahrscheinlicher angesehen wird: In dem leicht löslichen, der Verwitterung ausgesetzten Kalkgestein bildeten sich an der Oberfläche tiefe Trichter und spitze Kegel, ideale Nistplätze für Seevögel. Im Laufe von Hunderttausenden von Jahren häuften sich die Exkremente von Millionen und Abermillionen von Seevögeln in den Trichtern und bedeckten schließlich fast die gesamte Insel meterhoch. Der Guano, wie die Ablagerungen von Vogelexkrementen genannt werden, wandelte sich mit der Zeit unter dem Einfluss der Witterung zu Calciumphosphat von höchster Reinheit um. Das Gestein enthielt teilweise über 90 % reines Phosphat.

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