Neuseeland  6.2 Parteienlandschaft
Vor der Bildung von politischen Parteien, gab es im neuseeländischen Parlament nur einzelne Kandidaten zu wählen. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts wurden zunehmend stärker werdende lose Interessengruppen gebildet, die sich zu Beginn meist nach geographischer Herkunft der Kandidaten, später dann aber nach politischer Einstellung – Konservatismus oder Liberalismus – zusammenfanden. Generell wird die von John Ballance gegründete und später von Richard Seddon geprägte Liberal Party als erste wirkliche politische Partei Neuseelands angesehen. Sie stellte von 1890 bis 1912 die Regierungsmehrheit. Ab 1903 begannen zahlreiche Parlamentarier damit, sich zu einer konservativen Alternativbewegung zusammenzuschließen, die seit 1909 offiziell als Reform Party bezeichnet wurde und sich deutlich von der liberalen Partei unterscheiden sollte. Mit dem Zusammenschluss von zahlreichen sozialistischen Gruppierungen zur Labour Party im Jahr 1916 begann der Niedergang der liberalen Partei, die in den folgenden Wahlen keinen Rückhalt mehr aus der Arbeiterklasse hatte und schließlich auch noch auf ihre zweite Wählerbasis, Geschäftsleute und Arbeitgeber, die über den Aufstieg der sozialdemokratischen Partei besorgt waren und sich geschlossen der Reform Party mit ihrem „Anti-Sozialismus“-Programm anschlossen, verzichten mussten. Letztere politische Vereinigung war bis 1928 an der Macht, bis sie von einem Bündnis aus Labour Party und United Party, der Nachfolgepartei der Liberal Party, abgelöst wurde. Als die Arbeiterpartei 1935 ohne Koalitionspartner die Regierung bilden konnte, fusionierten United und Reform Party zur konservativen National Party, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der größte und einzige Konkurrent der Labour Party war. In den frühen 1990er-Jahren wurden zahlreiche kleinere Parteien gegründet, die bekanntesten sind die Green Party of Aotearoa (1990), Alliance (1991) sowie New Zealand First (1993). Diese konnten wegen des Mehrheitswahlrechts trotz großer Stimmenanteile nur wenige Parlamentssitze erringen. Erst nach der Einführung des personalisierten Verhältniswahlrechts zu den Wahlen im Jahr 1996 waren kleinere Parteien in größerem Umfang in der Lage, die Politik in Neuseeland mitzubestimmen.
Nach den Wahlen von 2005 dominieren zwar weiter die Labour Party unter ihrer Vorsitzenden Helen Clark und die National Party unter ihrem Vorsitzenden John Key die neuseeländische Parteienlandschaft und liefern sich bei Wahlen regelmäßig ein Kopf-an-Kopf-Rennen, doch neben diesen beiden Parteien sind noch sechs weitere im Repräsentantenhaus vertreten: die rechtsgerichtete, nationalistische und häufig als populistisch beschriebene Partei New Zealand First, die linksgerichtete, grüne Green Party of Aotearoa, die 2004 vom ehemaligen Labour-Kabinettsmitglied Tariana Turia gegründete Māori Party, die sich insbesondere für die Interessen der Māori einsetzt, die christdemokratische Mitte-Rechts-Partei United Future, die wirtschaftsliberale ACT New Zealand und die demokratisch-sozialistische Jim Anderton’s Progressive Party (eine Abspaltung der sozialdemokratischen Alliance).

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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