Österreich  6.5 Die Gründung der Republik (1918)
Österreich-Ungarn zerfiel. Am 21. Oktober 1918 traten die deutschen Reichsratsabgeordneten (sie bezeichneten sich selbst als Deutsche) zum ersten Mal als Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich zusammen; den Vorsitz hatte Karl Seitz. Ihr Vollzugsausschuss, ebenso unter Seitz' Vorsitz, wurde Staatsrat genannt und bestellte am 30. Oktober 1918 die erste Regierung Deutschösterreichs (die Minister hießen Staatssekretäre); erster Staatskanzler wurde Karl Renner, der 1945 bei der Gründung der Zweiten Republik neuerlich eine wichtige Rolle spielen sollte. Erster "Außenminister" war Viktor Adler. Auf dem vorwiegend von Menschen mit deutscher Muttersprache bewohnten Gebiet Altösterreichs entstand so ein neuer Staat.
Die noch amtierende kaiserliche Regierung versuchte Anfang November 1918, den deutschösterreichischen Staatsrat in die Waffenstillstandsentscheidungen einzubeziehen. Der Staatsrat entschied jedoch, die Monarchie, die den Krieg begonnen habe, müsse ihn auch beenden. Der Waffenstillstand zwischen Österreich und Italien vom 3. November 1918 (die ungarischen Truppen hatten die Front bereits Ende Oktober, zum Austritt Ungarns aus der Realunion mit Österreich, verlassen) wurde somit noch von Kaiser Karl I. und seiner k.k. Regierung verantwortet.
Führende Politiker der k.k. Regierung und des Staatsrates arbeiteten gemeinsam die Erklärung aus, mit der Karl I. am 11. November 1918 auf "jeden Anteil an den Staatsgeschäften" verzichtete. Dies war zwar nicht dasselbe wie eine Abdankung, die Entscheidung über die Staatsform war damit aber de facto gefallen. Am 12. November wurde von der Provisorischen Nationalversammlung formell beschlossen, dass der Staat Deutschösterreich eine demokratische Republik sei.

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