Philippinen  10.6 Philippinische Mythologie
Die philippinische Mythologie ist eine Sammlung von Geschichten über magische Wesen und Geschöpfe. Trotz starker Verwestlichung und Christianisierung glauben viele Filipinos immer noch an die Existenz solcher Wesen, besonders in den Provinzen. Es gibt auch Berichte von Sichtungen, die aber oft unbestätigt blieben.
Da das Land aus vielen Inseln besteht und von vielen ethnischen Gruppen bewohnt wird, ist die philippinische Mythologie sehr zersplittert. Es gibt jedoch Gemeinsamkeiten unter diesen Gruppen wie den Glauben an Himmel (Kaluwalhatian oder Kalangitan), Hölle (Kasanaan) und die menschliche Seele (kaluluwa).
Aswang, die wohl berühmteste mythologische Gestalt der Philippinen, ist ein Leichen fressender Ghul und kann – wie der europäische Werwolf – die Gestalt eines Tieres annehmen.
Tagsüber nehmen Aswangs die Gestalt eines Menschen oder eines Tieres (meist einer Fledermaus oder eines Schweins) an. Nachts erscheinen sie bei Vollmond um Mitternacht, um Jagd auf nichts ahnende schlafende Menschen zu machen. Besonders populär ist der Mythos des Aswang in Capiz und in Duenas, Iloilo.
Dila ist die Zunge eines Geistes. Dilas dringen durch den Bambusfußboden ländlicher Häuser ein und lecken bestimmte Menschen zu Tode.
Diwatas und Engkatos
Diwatas oder Feen sollen in großen Bäumen wie Akazien und Baletes leben. Sie sind die Schutzgeister der Natur und bringen Segen oder Verderben über die, die Wäldern und Bergen wohl tun oder schaden. Eine berühmte solche Diwata ist Maria Makiling, die Wächterin des Mount Makiling in der Provinz Laguna. Engkantos (auch Encantos geschrieben) oder männliche Feen leben hauptsächlich im Meer. Unter philippinischen Fischern ist es Brauch nach einem guten Fang Fleisch und andere Delikatessen als Opfer für die Engkantos ins Meer zu werfen.
In anderen Landesteilen entsprechen Diwatas den griechischen Göttern und Göttinnen. Zu den bekanntesten Diwatas gehören: Bathala (auch bekannt als Kabunian, Malayari und Lumawig), Herrscher des Himmels; Amanikable, Herrscher über die Meere; Dian Masalanta, Göttin der Liebe; Apolake (oder Adlaw), Sonnengott; Mayari (oder in anderen Gebieten Bulan), Mondgöttin; Tala, Göttin der Sterne; und Anitan, Wächter der Blitze.
Dwende ist das spanische Wort für Zwerg. Dwendes leben häufig in Häusern oder auf Bäumen in ländlichen Gebieten. Je nachdem, wie man sie behandelt, bringen sie Unheil oder Glück. Filipinos lassen oft Speisen auf dem Fußboden zurück, damit die Dwendes, die das Haus bewohnen (oder, wie sie sagen, beschützen) nicht beleidigt sind, sondern dem Haus Segen bringen. Es gibt auch Dwendes, die in Ameisenhügeln leben, und wenn man an einen Ameisenhügel kommt, bittet man um ihre Erlaubnis vorbei gehen zu dürfen.
Kapre, ein großer und dunkler Riese, bewohnt Wälder. Kapres rauchen Tabak, weshalb Filipinos in ländlichen Gebieten sehr empfindlich auf Tabakrauch sind.
Manananggal
Eine Manananggal ist eine Zauberin, die ihren Körper in zwei Teile teilen kann. Am Rücken trägt sie Fledermausflügel. Kopf und Oberkörper durchstreifen das Land und fressen bettlägerige und kranke Menschen. Wird die untere Hälfte ihres Körpers mit Asche und Salz bestreut, kann ihr Kopf nicht zurückkehren und sie wird endgültig vernichtet. Manchmal wird sie mit einem Aswang verwechselt oder gleichgestellt.
Mangkukulam
Mangkukulam ist eine Hexe. Auf den Visayas wird sie Mambabarang genannt.
Matruculan
Matruculan dringt in das Haus einer Jungfrau ein und schwängert sie. Nach einer anderen Version tötet der Matruculan eine werdende Mutter, öffnet ihren Leib und frisst den Fötus. Zur Abwehr durchschneidet der Ehemann während der Wehen die Luft mit seiner Axt. Der Glaube an Matruculan ist heute nicht so weit verbreitet wie in der spanischen Zeit.
Multo, das Wort für Geist in Tagalog, kommt vom spanischen muerto, d.h. Tod. Filipinos glauben, dass ein Multo, oft der Geist eines verstorbenen Verwandten, sie regelmäßig besucht. Das Wort für den Besuch eines Multo heißt minumulto oder dinadalaw. Wiedergeborene Christen unter den Filipinos halten die Multos für böse Geister, die Katholiken hingegen als wohlwollend.
Nuno sa Punso
Der Nuno sa Punso bewohnt kleine Hügel im Boden. Deshalb sagen Filipinos „makikiraan lang po“ ("Entschuldigung bitte"), wenn sie an einem Buckel im Boden vorbei gehen, um den Nuno nicht zu beleidigen. Oft werden sie mit den Dwende durcheinander gebracht.
Putol na Kamay
Putol na Kamay leben häufig in Briefkästen oder Schränken in ländlichen Häusern. Der Name bedeutet „abgeschnittene Hand“.
Santelmo
Santelmo, oder Santo Elmo, ist ein Feuerball, der vor allem in den Bergen der Sierra Madre von Dutzenden Filipinos gesehen wurde. Wissenschaftlich wurden die Erscheinungen als elektrische Felder erklärt, die sich von Leitungen gelöst hatten. Berichte über Sichtungen gab es jedoch schon in der spanischen Ära (16. bis 19. Jahrhundert).
Sirena und Siyokoy
Sirena ist eine Meerjungfrau. Vor allem Fischer aus den Städten am Pazifik berichteten oft von Sirenas am Strand. Siyokoy ist das männliche Gegenstück der Sirena. Er hat eine braune geschuppte Haut ähnlich der der Fische und Kiemenschlitze.
Tikbalang
Ein Tikbalang ist ein Wesen mit dem Kopf eines Pferdes und dem Körper eines Menschen.
Tiyanak
Nach dem Glauben der Filipinos ist ein Tiyanak der Nachkomme einer Frau und eines Dämons (vergleiche Wechselbalg). Ein Tiyanak kann auch ein abgetriebener Fötus sein, der zum Leben erwacht und Unglück über die Mutter bringt. Er wird als haarlos mit roter Haut und glühenden Augen beschrieben.
Thanbucha
Nach dem Glauben der Filipinos ist ein Thanbucha der Nachkomme eines Mannes und eines Lustmolchs. Ein Thanbucha kann auch ein abgetriebener Fötus sein, der zum Leben erwacht und Unglück über die Mutter bringt. Er wird als haarlos mit roter Haut und glühenden Augen beschrieben. Uneheliche Kinder werden direkt nach der Geburt ertränkt.

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