Polen  4.3 Teilung, Unterdrückung und Kampf um die Unabhängigkeit
Die Adelsrepublik stürzte im 17. und 18. Jahrhundert in eine dauerhafte Krise, die durch zahlreiche Kriege (mit Schweden, dem Osmanischen Reich, Russland, Brandenburg-Preußen und Siebenbürgen), fehlende politische Reformen und innere Unruhen gekennzeichnet war. Es kam zur Bildung von Magnaten (=Konföderationen gegen die Interessen des Staates und des Königs), Kosakenaufständen und dauerhaften Konfrontationen mit den Krim-Tataren in den südöstlichen Wojewodschaften. Besonders die Wahl ausländischer Dynasten zu polnischen Königen (sie verfügten über keine Hausmacht in Polen und waren vom Wohlwollen des Hochadels abhängig) und die Uneinigkeit innerhalb des polnischen Adels, der Schlachta und Oligarchen, schwächten den Staat beträchtlich.
In den drei Teilungen Polens 1772, 1793 und 1795 wurde Polens innere Schwäche von seinen Nachbarn Preußen, Österreich und Russland ausgenutzt, welche Polen gleichzeitig überfielen und am Ende rechtswidrig unter sich aufteilten. Polen wurde damit seiner Freiheit beraubt und in drei unterschiedliche Staaten zerrissen.
Auf Drängen des französischen Kaisers Napoleon entstand 1807, im Rahmen des Friedens von Tilsit, aus den preußischen Erwerbungen der Zweiten und Dritten Teilung ein relativ kleines Herzogtum Warschau, als Vasallenstaat Frankreichs, dem es 1809 gelang, Teile Kleinpolens (1795-1809 Provinz Westgalizien genannt) von Österreich zurückzuerobern. Aufgrund der Niederlagen der polnisch-französischen Allianz im Russlandfeldzug von 1812 und in der Völkerschlacht bei Leipzig im Jahr 1813, wurde auf dem durch die Teilungsmächte dominierten Wiener Kongress Polen neu eingeteilt. Große Teile Großpolens fielen als Provinz Posen wieder an Preußen. Österreich bekam seine Erwerbungen aus der ersten polnischen Teilung wieder. Krakau wurde zum Stadtstaat, der Republik Krakau. Der Rest, das so genannte Kongresspolen, wurde als „Königreich Polen“ 1815 in Personalunion mit dem Zarenreich verbunden, war also formal bis auf den gemeinsamen Herrscher von Russland unabhängig. Bis 1831 genoss dieses polnische Staatswesen weitgehende Autonomie. Mit dem Aufkommen des Nationalismus beim Übergang von der Feudalgesellschaft zum Kapitalismus wurde durch die zaristische Verwaltung versucht, diese Autonomie Schritt für Schritt abzuschaffen.
Dadurch kam es zum fehlgeschlagenen Novemberaufstand von 1830, in dem die Polen versuchten, die russische Fremdherrschaft und Dominanz abzuschütteln. Mit der Niederlage wurde die polnische Bevölkerung seit 1831 in den preußischen und russischen Besatzungszonen einer verstärkten Germanisierung - den preußischen Volkszählungen zufolge ohne größere Auswirkungen auf die Bevölkerungsverhältnisse - und Russifizierung unterzogen, die nach dem zweiten, gescheiterten Aufstand, dem Januaraufstand von 1863, besonders forciert wurde. Die Bezeichnung Polen wurde verboten und das Land durch die russische Obrigkeit in Weichselland umbenannt. Ähnlich verfuhren auch die Hohenzollern in Pommerellen und Großpolen: In Volkszählungen tauchen Polen als Nationalität auf, aber als zeitgenössischer geografischer Begriff wird Polen in preußischen Schulbüchern und allen deutschsprachigen Kartenwerken auf den russischen Teil beschränkt. Nur im von Österreich besetzten polnischen Galizien konnten die Polen durch die politischen Reformen des Hauses Habsburg-Lothringen in der Donaumonarchie seit 1867 der geistig-nationalen Knechtschaft in den von Preußen und Russland dominierten Teilen Polens entkommen, das von da ab das Fundament der Wiedergeburt Polens nach dem Ersten Weltkrieg bildete.

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