Polen  4.7 Das freie Polen und die Dritte Republik seit 1989
Bei den Parlamentswahlen vom 4. und 18. Juni 1989 gewann das Bürgerkomitee Solidarnosc, die politische Organisation der Gewerkschaft Solidarität, sämtliche 160 (von 460) freigewählten Sitzen im Abgeordnetenhaus und 99 von 100 Sitzen im neugebildeten Senat. Tadeusz Mazowiecki wurde zum ersten nichtkommunistischen Ministerpräsidenten Polens seit 1945 gewählt (sowie zum ersten nichtkommunistischen Regierungschef im Warschauer Pakt), von den 23 Mitgliedern der Regierung waren nur mehr 4 Kommunisten. Seit 1989 wurde die polnische Wirtschaft nach dem Balcerowicz-Plan mit schnellen Schritten in eine funktionierende Marktwirtschaft umgewandelt. Im Dezember 1990 wurde der ehemalige Solidarność-Vorsitzende Lech Wałęsa in einer Volkswahl zum Staatspräsidenten gewählt, im Dezember 1995 der postkommunistische Aleksander Kwaśniewski, dessen doppelte Amtszeit am 23. Dezember 2005 zu Ende ging. Unter ihm trat Polen am 1999 der NATO und 2004 der EU bei.
Unter dem Premier Leszek Miller entwickelte sich Polen während des Dritten Golfkrieges und in der Nachkriegszeit neben Großbritannien, Italien und Spanien zum wichtigsten Verbündeten der USA in Europa. Es unterstützte, gegen finanzielle Zusagen der Amerikaner, mit eigenen Soldaten die multinationale kriegsführende Koalition von 35 Staaten. Aufgrund der unterschiedlichen Haltungen der polnischen sowie der deutschen Regierung während des Irak-Konflikts kam es zu schweren Misstönen zwischen den beiden Staaten. Zu weiteren Verstimmungen führten Äußerungen der Verbände Heimatvertriebener, die ein Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin errichten wollen bzw. Eigentumsansprüche an Polen stellen.
Am 1. Mai 2004 wurde Polen, zusammen mit neun weiteren Staaten, Mitglied der Europäischen Union. Polen ist unter den neuen Mitgliedstaaten das bevölkerungsreichste und flächenmäßig größte Land. Nur einen Tag nach dem EU-Beitritt trat der von 2001 an amtierende Ministerpräsident Leszek Miller nach einer Serie von Korruptionsskandalen und Kritik im Bereich der Innenpolitik zurück. Als Nachfolger für das Amt des Regierungschefs wurde Marek Belka ernannt und am 26. Juni 2004 vereidigt.
Während des Konfliktes um die Präsidentschaftswahlen im Nachbarstaat Ukraine im November und Dezember 2004 engagierte sich der polnische Präsident Aleksander Kwaśniewski als Vermittler zwischen den Konfliktparteien, während die polnische Öffentlichkeit und die Medien in besonders hohem Ausmaß Solidarität mit der Ukraine und ihrem neuen Präsidenten Wiktor Juschtschenko übten.
Im Herbst 2005 konnte die nationalkonservative Partei Prawo i Sprawiedliwość (Recht und Gerechtigkeit) die Sejm- und ihr Kandidat Lech Kaczyński die Präsidentschaftswahlen gewinnen. Einer Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz wurde am 10. November 2005 das Vertrauen des Sejm ausgesprochen.
Am 7. Juli 2006 kündigte Marcinkiewicz jedoch seinen Rücktritt als Ministerpräsident Polens an, welcher am 10. Juli 2006 erfolgte. Die Hintergründe des Rücktritts sind unklar. Das politische Komitee der PiS hat Jarosław Kaczyński für die Nachfolge empfohlen, der neuer Ministerpräsident Polens ist.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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