Russland (Russische Förderation)  10.2 Musik
Die Anfänge der russischen Kunstmusik begannen sich im 18. Jahrhundert zu entwickeln und standen, da vorrangig am europäisch ausgerichteten Zarenhof gepflegt, stark unter Beeinflussung westeuropäischer Musik. Als typisch russisch anzusehen sind dagegen die a-cappella-Gesänge der orthodoxen Kirchenmusik. Der wichtigste Komponist dieser Zeit war Dmytro Bortnjanskyj, in dessen Schaffen beide Stilrichtungen vertreten sind. Wendungen aus der russischen Volksmusik tauchen erstmals verstärkt in den Opern und Orchesterstücken Michail Glinkas und Alexander Dargomyschskis auf, wodurch sie den Weg zu einer nationalrussischen Komponistenschule ebneten. Im Anschluss daran formierte sich aus fünf jungen Komponisten die sogenannte Gruppe der Fünf (Alexander Borodin, César Cui, Mili Balakirew, Modest Mussorgski, Nikolai Rimski-Korsakow), welche es sich zur Aufgabe machte, gezielt die Eigentümlichkeiten russischer Volksmusik für Symphonien, Opern, Tondichtungen und Kammermusik nutzbar zu machen.
In Kontrast dazu entwickelte sich eine eher an westlicher Musik (besonders der deutschen Romantik) orientierte Gegenströmung, die durch Anton Rubinstein begründet wurde. Ihr gehörte auch der bedeutendste russische Komponist des 19. Jahrhunderts, Peter Tschaikowski, an, dessen Werke (Symphonien, Opern, Ballette, Kammermusikwerke) der russischen Musik erstmals auch im Ausland zu größerem Ansehen verhalfen. Die nachfolgenden Komponisten wie Anatoli Ljadow, Sergei Tanejew, Anton Arenski, Alexander Gretschaninow, Alexander Glasunow und Wassili Kalinnikow setzten in ihren Kompositionen vor allem auf eine aussöhnende Vereinigung des westlich-internationalen und des russisch-nationalen Stiles. Während Sergei Rachmaninow in seinen Klavierkonzerten und Symphonien den Stil Tschaikowskis eigenständig weiterentwickelte, hielt mit Alexander Skrjabin, Schöpfer eines eigenwilligen harmonischen Systems, erstmals die musikalische Moderne in Russland Einzug.
Der Expressionismus ist in der russischen Musik durch das Frühwerk Igor Strawinskis und Sergei Prokofjews repräsentiert. In den 1920er Jahren experimentierten viele Komponisten mit neuartigen musikalischen Gestaltungsmitteln, so auch der junge Dmitri Schostakowitsch, dessen frühe Werke sich besonders durch satirischen Tonfall auszeichnen. Die meisten älteren Komponisten hielten dagegen an der Romantik fest, wie Glasunow, Reinhold Glière und Nikolai Mjaskowski, später dann auch Prokofjew. Ab Mitte der 1930er Jahre wurde für russische Musiker auf Anordnung Stalins die Doktrin des Sozialistischen Realismus bindend, die avantgardistische Experimente verbot und eine „volksnahe“ Kunst forderte. Dieser Zwang lockerte sich erst nach Stalins Tod 1953 allmählich. Hauptrepräsentanten einer sowjetischen Musikkultur wurden im Anschluss neben Schostakowitsch vor allem Dmitri Kabalewski und der Armenier Aram Chatschaturjan. Ab etwa 1980 machen sich auch wieder die einst verpönten avantgardistische Elemente in russischen Kompositionen bemerkbar, so bei Edisson Denissow, Sofia Gubaidulina und Alfred Schnittke. Dagegen hielten Komponisten wie der gebürtige Pole Mieczysław Weinberg oder Boris Tschaikowski die Tradition in der Nachfolge Schostakowitschs aufrecht.

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