Schweden  10.3.1 Volksmusik
Zu den ältesten Volksmelodien dürften die Weisen der schwedischen Kuhhirtinnen gehören (vallåt). Die Melodien sind Signalrufe für andere Kuhhüterinnen, die verschiedene Bedeutungen haben können (verlorenes Tier, wiedergefundenes Tier usw.) oder direkte Anweisungen an die Herde (Rast, Schlaflieder, Weidelieder usw.). Ob die Melodiefolgen durch Musikinstrumente (Kuhhörner, Luren) geprägt sind oder von Anfang an gesungen wurden, kann nicht mit Sicherheit bestimmt werden.
Viele Hirtenweisen sind in die Tanzmusik übergegangen oder dienten als Quelle für die nationalromantische klassische Musik (Alfvén, Atterberg). In der Tanzmusik, die sich wohl vor allem im Barock entwickelte, dominieren die Geige (Spielmannsmusik), die sich seit Ende des 17. Jahrhunderts in Schweden verbreitete, und die Tanzformen der Polka und des Menuetts. Dabei ist man sich nicht einig, inwieweit die Tanzform der Polka teilweise bereits als Bauerntanz vor polnischen Einflüssen im 16. und 17. Jahrhundert existierte. Vor dem allgemeinen Gebrauch der Geige waren die Schlüsselfidel (schwedisch nyckelharpa, seit dem Spätmittelalter gebräuchlich) und die Sackpfeife übliche Volksinstrumente. Die nyckelharpa konnte sich als Instrument bis in die Gegenwart halten. Nach technischen Weiterentwicklungen (chromatische Nyckelharpa) erlebt sie heute einen neuen Aufschwung auch außerhalb der Volksmusik.
Die schwedische Volksmusik geriet durch die pietistischen und frömmlerischen Bewegungen auf dem Lande im Laufe des 19. Jahrhunderts in starke Bedrängnis. Instrumente der Volksmusik galten als Troll- und Teufelszeug. Entscheidend zum Überleben der Volksmusik beigetragen hat der Maler Anders Zorn, der unterhalb des Gesundaberges am Siljanssee nahe seinem Heimatort Mora in Dalarna seit 1906 Volksmusikwettbewerbe durchführte. Auf diese Weise gelang es ihm, die alten Melodien und Instrumente wieder populär zu machen. Eine ähnliche Gefährdung erlebte die samische Volksmusik, der Joik und die Samentrommel, die während der Zeit der Missionierung im 17. und 18. Jahrhundert als Teufelsmusik verpönt waren. Die Trommeln wurden systematisch eingesammelt. Der Joik ist ein Lied, das im Text und lautmalerisch in der Melodie die Natur, Tiere, Menschen, freudvolle oder traurige Ereignisse beschreibt. Die Trommeln wurden im Rahmen von schamanistischen Bräuchen verwendet (Wahrsagen, Opfer, Voraussagen usw.).

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