Sierra Leone  4.2 Kolonialisierung
Die Portugiesen (Pedro da Cintra) erreichten die sierra-leonische Küste, auf der Suche nach einem Seeweg nach Indien, im Jahre 1460. Der Name Sierra Leone stammt aus dem Portugiesischen und bedeutet „Löwengebirge“.
Hierzu gibt es zwei Legenden:
1. Sie nannten das Land „Löwengebirge“, weil sie Löwen auf dem Küstengebirge der Halbinsel, der Freetown Peninsula, vermuteten. Das Echo des Donners, das von den Küstengebirgen widerhallte, vermittelte den Eindruck eines bedrohlichen Löwengebrülls. Seit dem 15. Jahrhundert besuchten europäische Seefahrer die Küste regelmäßig, um Fertigwaren gegen Elfenbein, Gold und Speisen zu tauschen oder sich mit Wasser und Proviant für die Seefahrt nach Indien einzudecken.
2. Sie nannten das Land „Löwengebirge“, weil vom Meer aus das Küstengebirge der Freetown Peninsula mit zwei runden Bergen wie ein schlafender Löwe aussieht.
Erste Kontakte des Landes mit Großbritannien entstanden mit dem Versuch der britischen philanthropischen Organisation „The Black Poor Society“ (Grenville Sharp), den in England verwahrlosten Afrikanern zur Rückkehr in die Heimat zu verhelfen. Kurz nach dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg erwarb „The Black Poor Society“, 1787 ein Stück Land auf der Halbinsel zur Ansiedlung von Afrikanern, die während des Unabhängigkeitskrieges von 1776 auf der Seite Großbritanniens gekämpft hatten oder nach dem Verbot der Sklaverei von 1810 nach England eingereist waren. Schon 1787 wurde eine Gruppe von 380 freien englischen Schwarzen auf der Halbinsel angesiedelt. Als die Mehrheit von ihnen innerhalb kürzester Zeit an Malaria und Gelbfieber erkrankte, wurde das Experiment, dort eine Kolonie als Stützpunkt der britischen Handelsmarine zu gründen, aufgegeben. Danach wurden britische Staatsbürger zur Umsiedlung nur noch nach Australien verschickt. Die Halbinsel diente später als Stützpunkt der britischen Marine im Kampf gegen den Sklavenhandel. Befreite Sklaven aus England, aus den britischen Besitzungen in Übersee und aus den gekaperten Sklavenschiffen wurden dort angesiedelt.
1808 wurde die Halbinsel formell zur britischen Kronkolonie erklärt. Fast ein Jahrhundert später und etwa elf Jahre nach dem berühmten Berliner Abkommen zur Aufteilung Afrikas im Jahre 1885 wurde das Hinterland 1896 als britisches Protektorat deklariert. Kurz danach, in dem sogenannten Hut-Tax-War von 1898, erhoben sich die lokalen Fürsten unter der Führung von Bai Bureh und Kai Lundu gegen das britische Protektorat. Etwa sechzig Jahre nach dem Protektoratsabkommen erhielt das Land 1958 die innere Selbstverwaltung und wurde drei Jahre später, am 27. April 1961, ein politisch unabhängiger Staat innerhalb des Commonwealth. Die sogenannte Kolonialzeit (ein „misnomer“, d. h. eine falsche Bezeichnung für das Protektoratsverhältnis) dauerte also nur 65 Jahre – im Vergleich dazu: Die türkische Herrschaft über Griechenland und den Balkan dauerte fast 350 Jahre. Nach Militärputschen 1967 und 1968 wurde 1971 die Republik ausgerufen.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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