Simbabwe  9.2.1 Geschichte der zeitgenössischen Bildhauerei
Die monumentalen Steinbauten der Ruinenstadt Great Zimbabwe, die von ca. 1200 bis ins 15. Jahrhundert besiedelt war, zeugen von der bedeutenden Hochkultur des damaligen Munhumutapa-Reiches. Sie wurde zum Namensgeber der heutigen Republik. In den bis zu 10 m hohen, ganz ohne Mörtel gefügten Mauern fand man riesige, in Stein gemeißelte Vögel. Der "Simbabwe-Vogel" ziert heute die Nationalflagge.
Schon damals gab es demnach eine Tradition der Steinmetzkunst, auch wenn die Vögel aus dem weichen Speckstein gearbeitet waren und nicht aus den harten Steinen des Great Dyke, die im 20. Jahrhundert eine der günstigen Voraussetzungen für die Entstehung einer neuen Bildhauertradition wurden. Die geologische Auffaltung des "Great Dyke", die sich 555 km vom Norden bis in den Süden des Landes erstreckt, birgt reiche Vorkommen von Serpentin, Opal Stone, Dolomit, Cobalt Stone, Marmor, Verdit, Steatit, Springstone, Leopard Rock, Butterjade, Lapidolith und anderen Gesteinsarten, meist in vielfältigen Farbvarianten. Das riesige Depot entstand vor ca. 2,5 Milliarden Jahren, 3 km unter der Erde in vulkanischer Aktivität unter sehr hohen Temperaturen und großem Druck. Das Farbenspiel der Steine tritt zutage, wenn man sie bearbeitet, schleift, wachst und poliert.
Ein weiterer günstiger Umstand für das Entstehen einer zeitgenössischen Bildhauerei war der Bau der Nationalgalerie im ehemaligen Salisbury und heutigen Harare. Der Kanadier Frank McEwen wurde als erster Direktor berufen. Er hatte ein für die damalige Zeit ungewöhnlich großes Interesse an den Werken afrikanischer Künstler. Auf dem Gelände der Nationalgalerie entstand die renommierte Vukutu-Kunstakademie, in der viele der heutigen Künstler ausgebildet wurden. Schließlich brachte McEwen mit großem Erfolg die besten Künstler auf Kunstausstellungen in Paris, London und New York.
Eine sehr fruchtbare Rolle spielten auch Tom Blomefield und seine Farm ‚Tengenenge’ nordwestlich von Harare, unmittelbar an den Hängen des "Great Dyke". Blomefield war Tabakfarmer. Als es ab 1966 aufgrund der einseitigen Unabhängigkeitserklärung Ian Smiths und seiner Apartheidregierung zu internationalen Sanktionen kam, wurde es unmöglich, vom Tabakanbau zu leben. So schlug Blomefield seinen Arbeitern vor, Steinskulpturen zu meißeln.
Zu den Bildhauern, die während jener Zeit ihre Kunst entwickelten, zählen vor allem Henry Munyaradzi, Bernard Matemera, Nicholas Mukomberanwa, Fanizani Akuda, Enos Gunja, Edward Chiwawa und Sylvester Mubayi aus der ersten modernen Bildhauer-Generation. Auf ihrer ersten Ausstellung 1968 in der Nationalgalerie in Harare wurden bereits sämtliche Werke verkauft.
In der zweiten „Generation“ ragen die Söhne Henry's, Mike Munyaradzi und Nicholas', Lawrence Mukomberanwa hervor; beide sind Vorstandsmitglieder der Künstlervereinigung "Friends Forever", der sich viele namhafte Bildhauer und Bildhauerinnen wie die populäre und international höchst erfolgreiche Colleen Madamombe, angeschlossen haben. Auch der hochtalentierte taubstumme Godfrey Kututwa aus Chitungwiza/Harare zählt hierzu; er ist Schüler des dortigen Meisters Claud Nyanhongo, dessen Talent sich ebenfalls auf mehrere Söhne und Töchter übertragen hat.
Als „dritte Generation“ der simbabwischen Bildhauerbewegung bezeichnet man u.a. die jüngeren Söhne und Töchter Nicholas Mukomberanwas, Taguma, Ennika und Netsai in Ruwa, sowie den brillanten jungen Kapenda Tembo. Insgesamt arbeiten in Tengenenge und anderen Orten inzwischen weit über 300 Künstler und genießen weltweites Ansehen.
LITERATUR
Ben Joosten: “Lexicon: Sculptors from Zimbabwe. The first generation”. Published by Galerie de Strand, Dodeward, the Netherlands; ISBN: 90-806629-1-7
Celia Winter-Irvin: „Tengenenge – Art, Sculpture and Paintings"
WEBLINKS
Künstlerdorf Tengenenge
Künstlervereinigung "Friends forever"

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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