Korea, Republik (Südkorea)  6.1 Beziehungen zu Nordkorea
Die Beziehungen zu Nordkorea haben in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Nach dem Ende des Koreakrieges war die Angst vor einer erneuten Invasion des Nordens sehr groß. Noch in den 1980er Jahren wurden regelmäßig Probealarme durchgeführt, die das gesamte öffentliche Leben miteinbezogen. Vor dem Hintergrund der terroristischen Aktivitäten des Nordens war dies nachvollziehbar. Im Oktober 1983 verübten nordkoreanische Agenten ein Attentat auf eine südkoreanische Regierungsdelegation in der damaligen burmesischen Hauptstadt Rangun. Präsident Chun Doo-hwan überlebte, der Außenminister und 16 andere Südkoreaner wurden getötet. 1988 brachte der nordkoreanische Geheimdienst eine Bombe in ein südkoreanisches Passagierflugzeug, das über dem Indischen Ozean explodierte. 115 Menschen fanden den Tod. Dass ein erneuter Krieg nicht unwahrscheinlich war, zeigen z. B. auch Tunnel von mehreren Kilometern Länge, die von Nordkorea aus unter der Demilitarisierten Zone hindurch gegraben wurden. Diese auf südkoreanischer Seite noch nicht geöffneten Tunnel sollten es im Kriegsfall ermöglichen, rasch und unbemerkt Infanterie in das südkoreanische Hinterland eindringen zu lassen. Bis heute wurden vier Tunnel entdeckt, die Existenz weiterer wird vermutet. Mit dem Ende der Militärdiktatur im Jahre 1988 und durch den wirtschaftlichen Abstieg Nordkoreas nahm die Angst vor einer erneuten Invasion aber mehr und mehr ab. Da nach dem Koreakrieg nur ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen wurde, befinden sich beide Staaten offiziell auch heute noch im Kriegszustand.
Mit Kim Dae-jung wurden einige gemeinsame Projekte erreicht. So gibt es ein Industrieregion Kaesŏng genanntes Industriegebiet auf nordkoreanischer Seite, in dem südkoreanische Firmen mit nordkoreanischen Arbeitskräften produzieren. Auch die Gyeongui-Linie, eine Eisenbahnstrecke von Seoul über Pjöngjang nach Sinŭiju an der chinesischen Grenze, wurde wiederhergestellt, sie verkehrt allerdings vorerst nur von Seoul bis zur innerkoreanischen Grenze. Im Jahr 2000 kam es zu einem historischen Treffen zwischen dem damaligen südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-il in Pjöngjang. Allerdings musste Kim Dae-jung im Jahr 2002 eingestehen, im Vorfeld des Treffens rund 100 Millionen Dollar an die nordkoreanische Regierung gezahlt zu haben.
Die Wiedervereinigung mit dem Norden bleibt politisch ein aktuelles Thema, allerdings haben die Erfahrungen der deutschen Wiedervereinigung auch Befürchtungen geweckt, dass Südkorea die Kosten nicht tragen könne; auch wenn das nominale Bruttoinlandsprodukt Südkoreas mittlerweile das dreizehntgrößte der Welt ist. In Nordkorea leben 22.912.177 Einwohner auf einer Fläche von 122.762 km², im Süden sind es hingegen 48.640.671 Einwohner auf einer Fläche von 99.392 km². Dadurch wären voraussichtlich noch höhere Transferzahlungen zu erwarten, als nach der deutschen Wiedervereinigung.
Zu Beginn seiner Amtszeit sagte Präsident Roh Moo-hyun, er könne eher mit einem Nordkorea mit Atomwaffen leben, als mit einem kollabierenden Norden.[3] Dies musste er zwar als politisch inkorrekt zurücknehmen, doch dürfte er damit die Meinung vieler Südkoreaner wiedergegeben haben. Zudem gibt es Zweifel, ob die beiden Staaten nicht schon zu lange voneinander getrennt wären. Während im geteilten Deutschland noch gegenseitige Besuche, Briefkontakte und Telefongespräche möglich waren, sind die beiden koreanischen Staaten praktisch vollständig voneinander getrennt. Abgesehen von einigen wenigen Familientreffen in den letzten Jahren gibt es keine Kontakte; die meisten Familien wissen nicht, ob ihre im anderen Staat lebenden Verwandten überhaupt noch am Leben sind.
Trotz dieser Gründe wünschen sich viele Südkoreaner, besonders die der älteren Generation, eine Wiedervereinigung.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
GNU-Lizenz für freie Dokumentation