Syrien  6.2 Verhältnis zu Libanon, den USA und den Vereinten Nationen
Syrien betrachtete sich lange als Schutzmacht des kleinen Nachbarstaates Libanon, der fast die gesamte östliche Landgrenze mit Syrien gemeinsam hat. Die langjährige Besetzung größerer Teile des Libanon galt offiziell als Unterstützung gegen Israel und wurde von der pro-syrischen Regierung des Omar Karame bis zuletzt befürwortet. Die letzten Einheiten der syrischen Armee verließen den Libanon Ende April 2005, als es dort nach dem Mord an Ex-Premier Rafik Hariri (14. Februar) schwere Vorwürfe an den syrischen Geheimdienst und tagelange Massenproteste gab. Sie führten auch zum Rücktritt der Regierung Karame.
Im April 2005 beauftragten die Vereinten Nationen ihren Spitzendiplomaten Detlev Mehlis, den bis dato ungeklärten Mord in Beirut an Ex-Premier Hariri zu untersuchen. Am 20. Oktober 2005 berichtete Mehlis dem Sicherheitsrat über eine klare Mittäterschaft syrischer Geheimdienstkreise an dem Anschlag in Beirut, bei dem außer Hariri 21 Menschen umkamen. Syrien hatte eine Verwicklung stets verneint und sprach von einem Komplott des Westens - insbesondere weil die USA auch Kontakte zu den Attentätern vom 11. September vermuteten.
Am 31. Oktober forderte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in einer einstimmigen UN-Resolution von Syrien volle Kooperation zur Aufklärung des Hariri-Mordes. Er verzichtete zwar auf die lange diskutierten Sanktionen, behielt sich aber weitere Schritte und eine Untersuchung durch UN-Ermittler vor. Die Hauptforderung war, es müssten alle verdächtigen Personen vernommen werden, zu denen auch Bruder und Schwager des syrischen Präsidenten Assad gehören.
Laut UN-Chefermittler Mehlis (siehe 20. Oktober) habe Syrien "bisher den Daumen auf viele wichtige Informationen gehalten" und ihn an Befragungen gehindert. Die von den USA, Großbritannien und Frankreich eingebrachte Resolution wurde nach Abmilderung einstimmig beschlossen und verpflichtet alle Staaten, Verdächtigen die Einreise zu verweigern und ihre Bankguthaben einzufrieren. Während Syriens Außenminister al-Sharaa in New York einen Eklat verursachte und in Damaskus gegen die Resolution demonstriert wurde, stimmten ihr der Libanon und auch arabische Staaten zu.
Die Abmilderung des vom Westen eingebrachten Resolutionsentwurfs war auf Druck Russlands und Chinas erfolgt. So wurde auf die offene Androhung von Sanktionen gegen Syrien verzichtet, doch behielt sich der Sicherheitsrat "weitere Maßnahmen" vor, falls sich Syrien nicht an die Vorgaben hält. Auch die Aufforderung an die syrische Führung, jede Unterstützung des Terrorismus zu beenden, wurde gestrichen.
Die heftige Protestwelle in Syrien gegen die UN-Beschlüsse und die USA wurde vom Westen als gesteuert angesehen. Auch die Reden des syrischen Außenministers trugen zur weiteren Isolation des Landes bei, von dem erst kurz zuvor strengere Grenzkontrollen zum Irak und gegen den Übertritt von Terroristen gefordert worden waren.
Der Nachfolger von Detlev Mehlis ist Serge Brammerz, der am 19. Januar 2006 im Libanon eingetroffen ist. Dieser soll, wie Detlev Mehlis, den Mord an Ex-Premierminister Hariri aufklären, wobei der Präsident Syriens, Baschar al Assad, zusagte, ihn bei den Ermittlungen zu unterstützen.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
GNU-Lizenz für freie Dokumentation