Bhopal  2 Geschichte
Bhopals Name geht auf das 11. Jahrhundert zurück, als Raja Bhoj (1010-1053), Parmar König von Dhar, von seinen Hoflehrmeistern die Weisung erhielt, den Mord an seiner Mutter durch die Verbindung der neun Flüsse seines Königreiches zu sühnen. Nachdem einer dieser Flüsse durch einen Damm gebändigt worden war, gründete der Herrscher an den beiden so entstandenen Seen seine neue Hauptstadt Bhojapal. Ende des 17. Jahrhunderts eroberte Dost Muhammad Khan (1672-1740), ein opportunistischer Glücksritter, Ex-Soldat und ehemaliger General des Großmoguls Aurangzeb (1618-1707) das Gebiet, um auf den Trümmern des Mogulreiches seinen eigenen Staat zu errichten. Im Jahre 1723 ist Bhopal zur Hauptstadt des Fürstentums erklärt worden, was sie bis 1956 blieb.
Die von Dost Muhammad Khan gegründete islamische Dynastie sollte zu einer der bedeutendsten Herrscherfamilien Zentralindiens werden, deren Angehörige unter Großbritanniens Vizekönigen zu den wenigen Auserwählten gehörten, die durch einen Salut mit 19 Schüssen geehrt wurden - in Anerkennung ihrer Unterstützung von General Thomas Goddard (1740-1783) bei dessen Marsch auf den hinduistischen Staat Maratha im Jahre 1778. Von 1820 bis 1926 regierten in Bhopal ausschließlich Frauen. Die Begumen (Prinzessinnen) führten das Zepter hinter dem Parda (Vorhang; von Männern abgetrennter Wohnbereich, Schleier) und ließen noble Bauwerke errichten, zu denen die drei Moscheen aus Sandstein gehören, die noch heute das Stadtbild prägen.
Am 3. Dezember 1984 ereignete sich eine der größten Katastrophen der industriellen Chemie, das sogenannte Bhopalunglück. Im Werk der Union Carbide of India Limited, einer Tochtergesellschaft der Union Carbide Corporation, wurden rund 40 Tonnen Methylisocyanat (MIC) in die Atmosphäre freigesetzt. Diese leichtflüchtige, sehr reaktive Flüssigkeit, die schon in geringen Konzentrationen Haut- und Schleimhautverätzungen, Augenschädigungen und Lungenödeme hervorrufen kann, trieb in einer Giftgaswolke dicht über dem Boden durch ein angrenzendes Elendsviertel.
Durch diese Katastrophe starben nach offiziellen Angaben 1.600 Menschen sofort und rund 6.000 weitere an den unmittelbaren Nachwirkungen, bis heute summiert sich die Zahl der Opfer auf mindestens 20.000 Personen. Rund ein Fünftel der 500.000 Menschen, die dem Gas ausgesetzt waren, leiden heute unter chronischen und unheilbaren Krankheiten, die sich offensichtlich zum Teil weitervererben können, tausende erblindeten. Auch ein gehäuftes Vorkommen von Krebs ist festzustellen. Die verantwortliche Firma Union Carbide zahlte in den folgenden Jahren insgesamt 690 Millionen Dollar an den indischen Staat. Doch nur ein kleiner Teil des Geldes kam den Opfern zugute. Noch heute ist jede vierte Geburt in Bhopal eine Totgeburt.
Im Dezember 1992 kam es in Bhopal, ausgelöst durch die Zerstörung der Babri-Moschee in Ayodhya, zu blutigen Straßengefechten zwischen Hindus und Muslimen, worauf eine elftägige Ausgangssperre verhängt wurde. Doch trotz dieser religiös bedingten gewalttätigen Ausschreitungen bezeugen viele Geschichten von Hindus und Muslimen, die ihre andersgläubigen Freunde damals vor Übergriffen durch die aufgebrachte Menge schützten, die lange Tradition der religiösen Toleranz dieser Stadt.

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