Bombay  7.1 Wirtschaft
Die Stadt beherbergt eine vielseitige Industrie, sie ist das Zentrum von Wirtschaft, Handel und Mode in Indien. In Mumbai befindet sich, in Bezug auf die Anzahl der Filme, die jährlich dort produziert werden, die größte Filmindustrie der Welt. Es werden Maschinen, Metall, Metallprodukte, Chemikalien, Düngemittel und Textilien aus Baumwolle hergestellt sowie Erdölprodukte verarbeitet. Bedeutung haben auch die Informationstechnologie, das Kunsthandwerk, das Verlagswesen, der Schiffbau und die Schiffsreparatur sowie die Fischerei. Auf der Insel Trombay steht ein 1957 fertiggestelltes Kernkraftwerk.
Mumbai allein erwirtschaftet 38 Prozent des Bruttoinlandsproduktes von Indien und in seinem acht Quadratkilometer großen Hafen, einer der größten Naturhäfen der Welt, wird die Hälfte des indischen Außenhandels abgewickelt. Mumbai ist auch Finanzhauptstadt von Indien, denn es steuert den höchsten Betrag zur Einkommenssteuer des Landes bei. Die 1875 gegründete Bombay Stock Exchange, die älteste Börse in Asien und die größte in Indien sowie die National Stock Exchange haben ihren Sitz in der Stadt. Letztere wurde 1992 auf Initiative indischer Politiker gegründet und unterscheidet sich von anderen Börsen im Land durch die Trennung von Handel und Management.
Wohlstandssymbole in dieser ständig Reichtum produzierenden Metropole finden sich an vielen Orten Mumbais, von der Phalanx von Bürohochhäusern am Nariman Point, dem Manhattan Maharashtras, bis zu den teuren Luxusautos auf den Straßen der Stadt, die sich nur die reiche Oberschicht leisten kann. Die Immobilienpreise in diesen Gegenden Mumbais gehören zu den höchsten der Welt.
Die Kehrseite der Erfolgsgeschichte ist natürlich die hier herrschende Armut. Jeden Tag strömen Hunderte Menschen aus dem Hinterland des Bundesstaates Maharashtra in die Stadt, um dem Elend ihrer Dörfer zu entkommen. Einige finden Arbeit und eine Unterkunft, die meisten jedoch, etwa ein Drittel der Stadtbevölkerung, endet auf den überfüllten Straßen oder lebt in unbeschreiblichem Elend in den größten Slums von ganz Asien. Viele sammeln Lumpen oder betteln auf den Straßen. Dennoch bietet die ungebrochene Wirtschaftskraft der Metropole Mumbai auch den Ärmsten Möglichkeiten.
Ein Beispiel dafür ist das in einen riesigen Stein gehauene Waschviertel „Open Laundry“ („Dhobi Ghat“) in Mahalakshmi. Dort waschen etwa 10.000 Menschen die Wäsche aus den Restaurants, Hotels, Krankenhäusern und Privathaushalten der Stadt. In hunderten von Betonbecken nebeneinander steht je ein Mann in Seifenlauge und schlägt Wäschestücke auf einen Stein. Die Frauen bügeln die Wäsche mit Bügeleisen, die mit glühender Kohle betrieben werden. In der nahegelegenen Siedlung wohnen die Arbeiter. In einer Hütte leben etwa 15 bis 20 Personen. Gearbeitet wird täglich 14 Stunden und sieben Tage in der Woche für umgerechnet einen Euro pro Tag. Wegen fehlender Gummihandschuhe sind Krankheiten und Verletzungen an Händen und Füßen, hervorgerufen durch die verwendeten Chemikalien, an der Tagesordnung. Eine staatliche Krankenversicherung gibt es in Indien nicht und auch die Rente obliegt der Selbstvorsorge, die sich keiner der dort Arbeitenden leisten kann.
Der Dokumentarfilm Bombay: Our City, Regie: Anand Patwardhan, Indien 1985, erzählt die Geschichte des täglichen Überlebenskampfes von über vier Millionen Slumbewohnern in Bombay, die die einen erheblichen Teil der Stadtbevölkerung ausmachen. Obwohl sie den Großteil der arbeitenden Bevölkerung Bombays stellen - Industriearbeiter, Bauarbeiter, Hausangestellte - wird ihnen die städtische Infrastruktur verweigert: Elektrischer Strom, Trinkwasser, Abwasserentsorgung. Viele Slumbewohner leben auch unter der ständigen Drohung verjagt zu werden, weil die Stadtverwaltung Kampagnen durchführt, um Bombay zu „verschönern“. Die jährlichen Überschwemmungen aufgrund des Monsunregens treffen die Slumbewohner besonders hart.
Die Entwicklungsmöglichkeiten in Mumbai werden vor allem im Dienstleistungsbereich erwartet. Günstige Möglichkeiten hat auch die Computerindustrie. Unternehmen der Stadt haben für europäische Kunden arbeitsintensive Bereiche der Datenerfassung und -verarbeitung übernommen. Aufgrund der zunehmenden Nachfrage der indischen Mittelschicht sowie als potenzieller Zulieferer der globalen Automobilindustrie bietet im industriellen Bereich der Fahrzeugbau noch nicht genutzte Möglichkeiten.
Mumbai hat darüber hinaus Chancen, als Forschungs- und Entwicklungsstandort ausgebaut zu werden und sich zum Handels- und Distributionszentrum zu entwickeln. Aufgrund der geringeren Immobilienpreise wird der Norden von Mumbai (Greater Mumbai) für Unternehmen zusehends interessanter. Wegen der geographischen Gegebenheiten (Halbinsellage) findet die Expansion der Stadt verstärkt in den nördlichen Gegenden statt.
Gegenüber Städten in den asiatischen Schwellenländern ist der Nachholbedarf in Mumbai jedoch erheblich. Konzentrierte staatliche Hilfeleistungen sind zu dessen Behebung notwendig. Bleiben diese aus, werden die günstigen Bedingungen, wie sie beispielsweise die moderne Hafen- und Flughafeninfrastruktur bieten, von den schlechten Straßenverkehrsverhältnissen zunichte gemacht. Voraussetzung ist hierbei aber eine moderne Verwaltung, die die Eigendynamik der Wirtschaft nicht über alle Maßen reglementiert und nicht durch Korruption behindert. Dann hat die Metropole Mumbai die Chance, zu einem globalen Zentrum zu werden.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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