Marseille  5.3 Kulinarisches
Die Küche von Marseille ist zwar in erster Linie provençalisch beeinflusst, da die Stadt das Zentrum der (Provence) ist, jedoch auch vom gesamten Mittelmeerraum. Dazu zählen selbstverständlich auch arabische Einflüsse, da ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung von dort her eingewandert ist. Dabei gilt allerdings zu beachten, dass hier ebenso griechisch, italienisch, korsisch, spanisch, jüdisch-sephardisch (Sephardim) oder armenisch gekocht wird, denn aus diesen Ländern kommen überwiegend die Vorfahren der Einwohner von Marseille.
Erwähnenswert ist sicherlich die Bouillabaisse, ein aus Marseille stammendes Gericht, das längst in ganz Frankreich, mittlerweile über das Land hinaus äußerst beliebt ist und auch anderenorts angeboten wird. Doch es ist sehr selten, dass dabei die Qualität der von einheimischen Köchen (oder gar die der Fischersfrauen) zubereitete Bouillabaisse erreicht wird. In den Restaurants von Marseille gehört diese ursprünglich von Fischern aus nicht verkauften Fischen, Crevetten und Muscheln – also „Restbestände“ – gekochte Suppe zum Standard. Selbst in überwiegend touristisch frequentierten Gaststätten wird sie (vermutlich) schmecken, da man sich bei diesem „Nationalgericht“ von Marseille möglichst keine Blöße geben wird. Doch am besten bedient wird man sein, wo Alteingesessene die Bouillabaisse (oder andere Gerichte) genießen.
In Wikitravel heißt es zwar: „Meiden Sie die scheinbar einladenden Restaurants und Bistros direkt am vieux port! Hier findet eine regelrechte kulinarische Massenabfertigung von Touristen statt. Es ist zu empfehlen, sich vom Hafen und der Canebière weg zu orientieren und in den schmalen Gässchen nach einem passenden Restaurant zu suchen. Auch wenn es oft nicht den Anschein hat, die kleinen, unauffälligen Lokale bieten meist die mit Abstand beste Küche.“
Zuzustimmen ist: Besser nicht direkt am Vieux Port mit Aussicht auf die Schiffe usw., auch wenn sich dort am Abend durchaus sehr viele (überwiegend junge) Einheimische aufhalten. Ihnen geht es um das viel zitierte sehen und gesehen werden. Hier (wie nahezu überall in Hafenstädten) kann man einen Café, eine Limonade oder auch ein Glas Wein oder einen Pastis trinken, aber essen sollte man dort nicht. Doch es kann durchaus ganz in der Nähe der Canebière oder des Quai des Belges, also des Alten Hafens (Vieux Port) sein. Oftmals sind es nur ein paar Schritte zu einem der „kleinen, unauffälligen Lokale“, die „die mit Abstand beste Küche“ bieten. Vorsicht geboten ist allerdings in der direkt hinter dem Quai de Rive Neuve gelegenen rue Saint Saëns um die place Thiars: Hier findet tatsächlich besagte „regelrechte kulinarische Massenabfertigung von Touristen statt“. Es ist eher anzuraten, etwa die rue Saint Saëns vom Cours Jean Ballard aus in Richtung rue Paradis zu gehen, vorbei an der place Ernest Reyer, dem Opernvorplatz (die putains, die Bordsteinschwalben, die vom frühen Nachmittag an dort flanieren, sind absolut unaufdringlich; man lebt hier, wie überall im Zentrum, quasi „multikulturell“). Dort sind einige der „kleinen, unauffälligen Lokale“ zu finden.
Vorteilhafter ist es ohnehin, vom Quai de Rive Neuve aus mit dem Ferry Boat (das allerdings am Abend nicht mehr fährt) zur anderen Seite des Alten Hafens, zum Quai du Port zu fahren – oder eben über den Quai des Belges herum dorthin zu schlendern. Hier wird die Restaurant-Qualität deutlich besser, was auch daran liegen dürfte, dass diese Gegend von Touristen deutlich weniger besucht wird. Hinzu kommt, dass man nur ein paar Treppen hinaufgehen muss, um ins Panier zu gelangen. Und dort, etwa an der place du Lenche (mit dem ältesten italienischen Restaurant von Marseille) oder in den Gassen dahinter ist das Angebot weitaus vielfältiger, steigt die Qualität – und sinken die Preise.
Das größte Angebot an Meeresfrüchten findet man von morgens sieben bis abends sieben bei „Toinou“ am Cours Saint-Louis, etwa 500 Meter vom Alten Hafen aus direkt an der Canebière gelegen. Dort kann man sehr preiswert von der kleinen bis zur großen Platte fruits de mer das haben, was in Marseille neben Fisch besonders gerne gegessen wird.
In der traditionellen Marseiller Küche wird (wie überall in Frankreich) frisch und mit Zutaten aus der Region gekocht. Fisch und Meeresfrüchte werden bevorzugt, allerdings auch Fleisch und Geflügel sehr gerne gegessen. Frische Gemüse und Gewürze sind dabei unabdingbar. Allein Knoblauch wird beispielsweise am Cours Belsunce (der auf den Cours Saint-Louis führt) in großen Mengen angeboten, aber auch am Markt in der Rue Longue des Capucins, ein paar Schritte nur vom Cours Saint-Louis entfernt. Dort decken sich überwiegend die arabischstämmigen, aber auch die anderen (preisbewussten) Marsaillais mit Grundnahrungsmitteln und durchaus auch mit Delikatessen – etwa den für Europäer gewöhnungsbedürftigen Süßigkeiten – ein.
Wein wird in der ganzen Provence angebaut und ist aus einem französischem Restaurantbesuch nicht wegzudenken. Sehr gerne werden die überwiegend im Département Var angebauten Rosé-Weine getrunken. Und so wie die Bouillabaisse zur einheimischen Küche gehört, so ist der Pastis als Aperitiv aus Marseille nicht wegzudenken. Am meisten dürfte Pastis 51 getrunken werden, der die Zahl in seiner Bezeichnung deshalb trägt, weil er früher einmal 51 Volumenprozent Alkohol hatte.
Die Menschen im Marseille essen gerne außerhalb des Hauses, die Straßen sind daher voll mit Imbissen aus allen möglichen Ländern. Neben den typischen Brasserien und Bistros finden sich vor allem arabische und asiatische Schnellrestaurants. In den 13 (Stand 10. Januar 2007) in Marseille ansässigen Mac Donald's (einer direkt am Alten Hafen) findet man größtenteils Touristen, junge Einheimische bevorzugen die französische Hamburgerkette „Quick“. Für den Hunger unterwegs finden die Menschen dagegen an jeder Ecke ein Stück Pizza oder ein Sandwich. Döner gibt es im Marseille, wie in Frankreich üblich, wahlweise im Fladenbrot oder im Baguette. Oder aber, wie erwähnt, am Cours Saint-Louis eine andere Art von Fast Food: eine Portion fruits de mer.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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