Nanking  5.4 Erste Republik
1912 stieg Nanjing unter dem Regime Sun Yat-sens ein weiteres Mal zur Hauptstadt auf. Noch heute befindet sich sein Mausoleum in der Purpurbergen im Osten der Stadt. Yuan Shikai verlegte die Regierung nach Peking. Nach der Spaltung der Guomindang (GMD) etablierte Chiang Kai-shek 1927 in der Stadt das von ihm geführte nationalkonservative Nanjing-Regime, das mit dem des linken GMD-Flügels in Wuhan sowie dem der Warlords in Peking um die Macht rang.
Der damit verbundene Zuzug wohlhabender Schichten sorgte für eine Belebung der Konjunktur und des Konsums. Es entstand eine ganze Reihe von Kaufhäusern wie etwa das Zhongyang Shangchang. 1933 überflügelte die Wertschöpfung der Lebensmittel- und Unterhaltungsbranche erstmals die der traditionellen Industrie und der Landwirtschaft. Ein Drittel der Stadtbevölkerung arbeitete bereits im Dienstleistungssektor, während andererseits Prostitution, Drogenhandel und Spielsucht florierten.
Während des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges wurde Nanjing, die damalige Kriegshauptstadt, vom 9. Dezember 1937 an belagert. Die chinesischen Truppen verweigerten sich der geforderten Kapitulation. Daraufhin eröffneten die Japaner eine massiven Offensive und drängten bis zum 12. Dezember die chinesischen Truppen aus der Stadt auf die andere Uferseite des Jangtse. Bei der Belagerung der Stadt kam es auch zum Panay-Vorfall, bei dem die USS Panay, die US-Bürger flussaufwärts evakuieren wollte, die sich in Nanjing befanden, von japanischen Fliegern versenkt wurde. Der Vorfall brachte diplomatische Spannungen zwischen Japan und den USA und führte zu einer nachhaltigen Veränderung des Japanbildes in den Vereinigten Staaten, obwohl sich Japan offiziell für die Versenkung entschuldigte.
Am 13. Dezember besetzten japanische Divisionen die Stadt und verübten an der Zivilbevölkerung das Massaker von Nanjing. In diesem Massaker von Nanjing wurde von der Japanischen Soldateska innerhalb von etwa acht Wochen schätzungsweise etwa 20.000 Mädchen und Frauen systematisch vergewaltigt, etwa 350.000 Zivilisten getötet. Etwa 200.000 Zivilisten konnten in einer Schutzzone, welche durch ein Internationales Komitee aus in der Stadt bleibenden Ausländern unter Vorsitz des Deutschen John Rabe geschaffen wurde, gerettet werden. Lange Zeit wurden die Massaker von Nanjing von einem Großteil der Historiker vernachlässigt; die Ereignisse von Nanjing gelangten erstmals durch die amerikanische Journalistin Iris Chang ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit. 1997 veröffentlichte sie das Buch „The Rape of Nanjing. The Forgotten Holocaust of World War II”, in dem sie sorgfältig die genauen Umstände und den Verlauf der japanischen Gräueltaten beleuchtet. Im selben Jahr erschienen auch John Rabes Nanjing-Tagebücher [1] . 800 Seiten, die für Historiker und die Angehörigen der Opfer wertvolle Quellen darstellen, zumal es in Japan Bestrebungen gibt, die Massaker von Nanjing zu leugnen. Aufgrund der verharmlosenden Schilderungen dieser Begebenheiten in japanischen Schulbüchern kam es 2005 zu einer antijapanischen Reaktion des chinesischen Volkes. Im August 2006 wurden die Beziehungen zwischen China und Japan durch den Besuch des japanischen Regierungschefs Junichiro Koizumi beim Yasukuni-Schrein - in dem religiösen Heiligtum werden nicht nur 2,5 Millionen Kriegstote sondern auch 14 verurteilte japanische Kriegsverbrecher geehrt - neuerlich stark belastet.

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