Sankt Petersburg  5.3 Die Blütezeit der Stadt
Peter, einer der Pioniere der Industriespionage, ließ Handwerker und Ingenieure aus ganz Europa, insbesondere aus den Niederlanden, kommen, die die Stadt von Anfang an zu einem Zentrum europäischer Technik und Wissenschaft machen sollten. 1712 wurde die Stadt offizielle Hauptstadt Russlands. Bis auf ein kleines Intermezzo in den Jahren 1728 bis 1732, als der Hof in Moskau weilte, sollte die Stadt bis 1918 Hauptstadt bleiben.
Nachdem Peter der Große 1725 verstarb, legte sich der Enthusiasmus der russischen Herrscher für das Fenster zum Westen. Moskau wurde wieder Hauptstadt. Erst Zarin Anna kehrte wieder nach Sankt Petersburg zurück. Die Stadt wurde erneut Hauptstadt, Annas stadtplanerische Entscheidungen prägen die Stadt noch heute. Sie verlegte sowohl das Stadtzentrum von der heute so genannten Petrograder Seite auf die Admiralitätsseite der Newa, zum anderen legte sie die bis heute wichtigsten Hauptstraßen, den Newski Prospekt, die Gorochowaja Uliza und den Wosnessenski Prospekt an. Trotzdem residierte sie weiterhin lieber und öfter in Moskau.
Zarin Elisabeth (1741–62) und vor allem Katharina die Große (1762-92) setzten wieder auf eine verstärkte Öffnung des Reichs nach Westen, indem sie Künstler und Architekten nach St. Petersburg holten. In der Zeit Elisabeths entstanden die meisten der Prunkbauten, die bis heute das Stadtbild bestimmen, sie ließ unter anderem den Winterpalast, das Smolny-Kloster bauen. Den Katharinenpalast ließ sie zu Ehren ihrer Mutter umgestalten, der Stil Francesco Rastrellis begann die Stadt zu prägen.
Die neben Peter wahrscheinlich wichtigste Gestalt in der Geschichte der Stadt ist Katharina II. („die Große“), die 1762 den Thron bestieg. Sie sah sich – zumindest bis die Französische Revolution ausbrach – dem Geist der Aufklärung verpflichtet und setzte auf Bildung und Kunst. Katharina II. gründete in ihrer Zeit 25 akademische Einrichtungen sowie mit dem Smolny-Institut die erste staatliche russische Schule für Mädchen. Das Reiterstandbild Peters des Großen, ein Wahrzeichen der Stadt, stammt ebenfalls aus dieser Zeit.
Ende des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte die Stadt eine Blütezeit, vorerst vor allem auf kulturellem, später auch auf wissenschaftlich-technischem Gebiet. Die erste russische Ballettschule entstand 1738 in der Stadt. 1757 eröffnete die Akademie der Künste, in der bis heute Maler, Bildhauer und Architekten ausgebildet werden. Theater und Museen, höhere Schulen und Bibliotheken entstanden. 1783 eröffnete das Mariinski-Theater, in dem später die großen Nationalopern Michail Iwanowitsch Glinkas aufgeführt werden sollten. 1819 entstand aus dem Pädagogischen Institut die Petersburger Universität.
Die Aufhebung der Leibeigenschaft in Russland durch Zar Alexander II. sorgte ab 1861 dafür, dass zahlreiche Menschen in die Stadt einwanderten. Die Bevölkerungszahl schnellte innerhalb weniger Jahre empor.
Schriftsteller und Intellektuelle schlossen sich in literarischen Kreisen zusammen und gaben Wörterbücher und Zeitschriften heraus. Zu den wichtigsten Zeitschriften zählen etwa der Polarstern von Rylejew und Bestuschew oder Puschkins Sowremennik (Der Zeitgenosse).

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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