Stockholm  3.7 Das 20. Jahrhundert
Nach 1910 kam es zur Eingemeindung großer Gebiete, die verkehrstechnisch durch Straßenbahnlinien an die Stadt angeschlossen werden. Im Anschluss daran entstanden Vororte, Gartenstädte und Gebiete mit Freizeithäuschen.
Wirtschaftlich kam es zu einer Umstrukturierung. Arbeitsintensive Unternehmen in Niedriglohnbranchen gingen ein, während kapitalintensive Unternehmen und Unternehmen im Hochtechnologiebereich wuchsen. Ein Beispiel dafür ist der Stadtbezirk Kista, der sich in den 1990er Jahren zum IT-Zentrum Schwedens entwickelte. Schweden orientierte sich früh am amerikanischen Beispiel, auch in Sachen Motorisierung und verfügte, für ein bevölkerungsarmes Land eher ungewöhnlich, um die Mitte des 20.Jahrhunderts auch über zwei kapitalkräftige Automobilkonzerne, daher kam es im Zentrum Stockholms schon 1931-35 zur Schaffung des damals weithin berühmten "Kleeblatts" von Slussen und in den 1950er Jahren zu weiteren Initiativen im Sinne einer "autogerechten Stadt". Bis in die 1970er Jahre wurde der zentrale Stadtteil Nedre Norrmalm, mit Bausubstanz aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, einem großflächigen Abriss und Umbau unterworfen. Die Folgen dieser technokratischen Modernisierungspolitik auf Basis der Enteignungsmöglichkeiten der Lex Norrmalm von 1953 wurden allerdings ab etwa 1960 zunehmend kontrovers diskutiert. Dies betraf schon die 1959 fertiggestellte, längs des Riddarholm Kanales und des Riddarhuset geführte zentrale Nord-Süd-Verbindung mit dem Charakter einer Stadtautobahn, vor allem aber den ab 1963 endgültig durchgezogenen großflächigen Umbau von Norrmalm, gegen den zuletzt ein - vergeblicher - öffentlicher Appell von 39 Kulturschaffenden ergangen war. Als Resultat verbreiter Kritik wurde zunächst die Altstadt (Gamla Stan) 1965 als ganzes unter Denkmalschutz gestellt. 1971 kam es im Zusammenhang mit Bürgerinitiativen zum so genannten Ulmenkrieg, der um die Erhaltung einer Baumgruppe im Kungsträdgarden geführt wurde. Der Stockholmer Flächenwidmungsplan von 1974 kann mit seiner geänderten Planungsphilosophie als Erfolg der altstadt- und grünfreundlichen Proteste gesehen werden. Bei der "postmodernen" Umgestaltung des früher stark industriell geprägten Stadtteils Södermalm in den 1980er Jahren wurde im Vergleich zu Norrmalm eine durchgrüntere und weniger monotone urbane Gestaltung angestrebt. Ab den 1950er Jahren nahm die Beschäftigungsquote der Industrie ab. Sie liegt heute bei ungefähr 10 Prozent. Dagegen wuchs der Dienstleistungsbereich weiter an.
1950 wurde die erste U-Bahnlinie in Stockholm eröffnet. Längs der U-Bahn-Linien und an deren Endpunkten entstanden in den Fünfzigern sogenannte ABC-Vororte, wie Vällingby und Farsta, und seit der Mitte der 1960er bis zur Mitte der 1970er Jahren die im Rahmen des Millionenprogrammes gebauten Großsiedlungen wie Rinkeby, Tensta, Sollentuna und andere. Trotz eines heute relativ hohen Anteils eingewanderter Mitbürger in diesen Stadtteilen (über 40 Prozent der Einwohner in Tensta, Rinkeby oder Sollentuna kommen aus dem außereuropäischen Ausland), kann man nicht von einer Ghettoisierung sprechen, auch wenn die durchaus vorhandenen Segregationstendenzen seit Ende der 1990er Jahren deutlicher merkbar sind.
Von 1909 an hatten die Sozialdemokraten zusammen mit den Liberalen die Mehrheit im Stockholmer Gemeinderat. In den ersten Kommunalwahlen nach dem allgemeinen Wahlrecht 1919 erreichte die politische Linke eine Mehrheit im Gemeinderat, die sie bis in die 1950er Jahre behielt. Anfang der 1920er Jahre erhielt Stockholm eine neue politische Organisation, die in ihren Grundzügen auch heute noch gilt. 1923 übersiedelte die Stockholmer „Regierung“ in das neugebaute Rathaus (Stockholms stadshus). 1967 wurde Stockholm in die Verwaltungsprovinz Stockholms län eingegliedert.
Im Jahr 1986 wurde Premierminister Olof Palme auf offener Straße erschossen, der Mord wurde nie geklärt. Im September 2003 wurde Außenministerin Anna Lindh im Kaufhaus NK von einem Messerattentäter tödlich verletzt.
Die Europäische Union ernannte Stockholm im Jahr 1998 zur Kulturhauptstadt Europas.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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