Wien  12.3 Cross-Border-Leasing
Wien finanziert seit Ende der 1990er-Jahre große Investitionen in der Infrastruktur, wie zahlreiche andere Städte auf der Welt auch, vermehrt durch Cross-Border-Leasing-Verträge mit US-amerikanischen Investoren. Hierbei verkauft die Stadt einen Teil ihrer Infrastruktur an einen US-amerikanischen Investor und mietet diese zugleich für eine bestimmte Laufzeit wieder zurück. Mit dem Verkaufserlös kann die Stadt Großprojekte, etwa in der Infrastruktur oder am verkauften Objekt selbst, finanzieren. Zudem profitieren die beiden Vertragspartner durch Steuerersparnisse des Investors in den USA, da dieser dort seine Investition im Ausland abschreiben kann. Nach Ablauf des Vertrags, der zumeist mehrere Jahrzehnte dauert, kauft die Stadt um einen geringeren Betrag als den Kaufpreis das verkaufte Objekt zurück. Angewandt wurde dieses Finanzierungsmodell im Jahr 2002 an der Kanalisation im 21. und 22. Bezirk mit einer Laufzeit von 35 Jahren sowie beim U-Bahn-Netz seit 1998.[11] Diese Finanzierungspraktik wurde aufgrund der undurchsichtigen, nur in englischer Sprache vorliegenden Verträge, die jegliches finanzielle Risiko auf den außeramerikanischen Geschäftspartner, in diesem fall also die Stadt Wien, abwälzen, sowie der Tatsache, dass öffentliche Infrastruktur rechtlich gesehen auf Jahrzehnte in ausländisches Eigentum überführt wird, stets von manchen Seiten kritisiert. Auch das Risiko, dass innerhalb der langen Vertragslaufzeit irgendwann die Gesetzeslücke, die solche dubiosen Verträge und Gewinne auf Lasten US-amerikanischer Steuerzahler ermöglicht, geschlossen wird, wurde stets kritisiert, da in so einem Fall der ausbleibende Gewinn vom außeramerikanischen Vertragspartner ersetzt werden muss – in diesem Fall also von der Stadt Wien. Genau dieser Fall ist mit Inkrafttreten des „American Jobs Creation Act“ von 2004 eingetreten. Dieses Gesetz sieht zwar mit der „Grandfathering Clause“ vor, dass vor dem 17. September 2003 eingegange Verträge ihre Gültigkeit behalten sollen, doch verstößt dies gegen WTO-Regelungen und stößt auch auf EU-Widerstand, weshalb diese Regelung modifiziert werden muss.[12]

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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