Afghanistan  7.1 Politisches System
Seit der Verabschiedung der Verfassung von 2004 ist Afghanistan eine Islamische Republik mit einem präsidialen Regierungssystem. Der Präsident wird direkt vom Volk für eine Dauer von fünf Jahren gewählt. Nach zwei Amtszeiten ist es dem Präsidenten verwehrt, wieder zu kandidieren. Ein Präsidentschaftskandidat muss mindestens 40 Jahre alt, ein Moslem und afghanischer Staatsbürger sein. Der Bewerber nominiert zwei Vizepräsidentschaftsbewerber. Der Präsident ist Staats- und Regierungsoberhaupt und Oberbefehlshaber der militärischen Streitkräfte. Zu seinen Befugnissen gehören außerdem die Bestimmung seines Kabinetts, sowie die Besetzung von Positionen im Militär, der Polizei und Provinzregierungen mit der Zustimmung des Parlaments.
Faktisch wurde mit der Verfassung die Scharia wieder eingeführt, da nach Artikel 3 der Verfassung kein Gesetz im Widerspruch zu den Grundlagen des Islam stehen darf.
Die Nationalversammlung ist die Legislative von Afghanistan und besteht aus zwei Häusern: der Wolesi Dschirga (Haus des Volkes) und der Meschrano Dschirga (Haus der Älteren).
Das Parlament (Wolesi Dschirga) besteht aus 249 Sitzen, wobei 68 für Frauen und zehn für die Nomaden-Minderheit der Kuchis vorbehalten sind. Die Abgeordneten werden durch direkte Wahl bestimmt, wobei die Anzahl der Sitze im Verhältnis zur Einwohnerzahl der jeweiligen Provinz stehen. Es müssen mindestens zwei Frauen pro Provinz gewählt werden. Eine Legislaturperiode dauert fünf Jahre. Zur Wahl sind keine Parteien zugelassen. Auf dem Stimmzettel erscheinen der Name, das Foto und das Symbol des Bewerbers, dem keine Verbindung zu bewaffneten Organisationen erlaubt sind. Die Mandatsträger erhalten keine Immunität vor dem Gesetz. Die Meschrano Dschirga besteht zu je einem Drittel aus Delegierten, die von den Provinz- bzw. Distrikträten für vier Jahre bestimmt werden, sowie zu einem Drittel aus Abgeordneten, die vom Präsidenten bestimmt werden, wobei die Hälfte aus Frauen bestehen muss.
Die Judikative setzt sich aus dem Stera Mahkama (Oberster Gerichtshof), dem Berufungsgericht und niederen Gerichten für bestimmte Zuständigkeiten zusammen. Der Stera Mahkama besteht aus neun Richtern, die vom Präsidenten für eine Amtszeit von zehn Jahren nominiert und vom Parlament bestätigt werden. Richter müssen mindestens das Alter von 40 Jahren erreicht haben, dürfen keiner politischen Partei angehören und müssen einen Abschluss in Jura oder islamischer Rechtsprechung haben. Die Stera Mahkama hat auch die Befugnisse eines Verfassungsgerichtshofs.
In der Praxis ist der Einfluss der Regierung jedoch fast ausschließlich auf die Hauptstadt Kabul beschränkt – im restlichen Land liegt die Macht weiterhin in den Händen afghanischer Kriegsherren. Hinzu kommt ein weit verbreitetes Misstrauen der Bevölkerung gegenüber Staats- und Regierungschef Hamid Karsai, dem man aufgrund seiner Nähe zur US-Regierung häufig vorwirft, er handle mehr im Sinne der USA als des afghanischen Volkes.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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