Brasilien  6.3 Militär
Nach den Jahrzehnten der Militärdiktatur herrscht in Politik und Bevölkerung eine gewisse Vorsicht gegenüber den Streitkräften. Daher ist die Truppenstärke eher gering, wenn man die Einwohnerzahl und die Größe Brasiliens betrachtet. Darüberhinaus sieht sich das Land keiner wirklichen äußeren Bedrohung gegenüber. Die lateinamerikanischen Staaten sind untereinander militärisch verbündet, was Sicherheit und Stabilität in der Region festigt. Insbesondere steht Brasilien mit allen Nachbarstaaten in einem freundschaftlichen Verhältnis. Auch auf internationaler Ebene unterhält das Land gute Beziehungen mit den meisten anderen Staaten der Welt. Das macht ein starkes Militär zur Zeit nicht erforderlich.
Es besteht eine allgemeine Wehrpflicht für wehrfähige Männer über 18 Jahren. Der Etat des Verteidigungsministeriums liegt bei über 9,5 Milliarden US-Dollar.
Mit etwa 190.000 Mann ist das Heer die bei weitem größte Teilstreitkraft Brasiliens. Während die Infanterie gut ausgerüstet ist, mangelt es aber an Maschinerie. Mit etwa 500 Kampfpanzern und 1500 gepanzerten Fahrzeugen wäre das Land im Ernstfall kaum in der Lage, das weite und schwer zugängliche Hinterland zu sichern. In Friedenszeiten wird die Armee auch zum Katastrophenschutz und Rettungsdienst, sowie für wissenschaftliche Dienste (auf der Antarktis-Forschungsstation Comandante Ferraz) eingesetzt. Innerstaatliche Bedrohungen, wie Kriminalität oder Terrorismus sind in Brasilien ausschließlich Sache der Polizeikräfte; das Heer wird für solche Aufgaben nicht herangezogen.
Die Luftwaffe beschäftigt 73.500 Personen (2005) und ist damit die größte in Lateinamerika. Ihr kommt in Brasilien eine hohe Bedeutung zu, da sie sowohl für die riesigen Landflächen als auch für weite Seegebiete am Besten geeignet ist. Daher ist die Luftwaffe sehr modern ausgestattet. Flugzeuge und Helikopter stammten zumeist aus den USA oder aus Europa; neuere Anschaffungen kommen vermehrt vom brasilianischen Flugzeugbauer Embraer, um das Militär unabhängig von ausländischen Importen zu machen.
Auch die Marine ist modern und gut ausgerüstet. Durch das große Flusssystem, das sich bis weit ins Landesinnere erstreckt, ist die Marine auch im Inland einsetzbar. Sie besitzt daher viele Patrouillenboote und leichte Kampfschiffe, die die Binnengewässer sichern. In dieser Funktion unterstützt die Marine auch das brasilianische Heer und besitzt Amphibienfahrzeuge und sogar Kampfpanzer. Für den Einsatz auf hoher See stehen mehrere Kampfschiffe zur Verfügung, sowie einige modifizierte U-Boote aus deutscher Fabrikation. Brasilien unterhält außerdem einen Flugzeugträger samt Ausstattung. Es handelt sich dabei aber eher um ein Prestigeobjekt, das die Vormachtstellung Brasiliens im lateinamerikanischen Raum unterstreichen soll.
Auch die Rüstungsindustrie ist gut entwickelt. Brasilien ist der fünftgrößte Waffenexporteur der Welt. Während der Militärdiktatur bestand ein langjähriges, geheimes Kernwaffenprojekt. Deutschland war Brasiliens wichtigster Partner auf dem Gebiet der (friedlich genutzten) Kernenergie und unterstützte das Land unter anderem mit der Lieferung von Kernreaktoren und Anlagen zur Uran-Anreicherung. Wie viel deutsches Wissen und Erfahrung tatsächlich in das Kernwaffenprogramm floss, und inwiefern die deutsche Regierung über das brasilianische Atomprojekt wusste, lässt sich allerdings nur schwer sagen. Wahrscheinlich gab es auch eine Kooperation mit Argentinien, das ebenfalls ein geheimes Atomprogramm unterhielt. In den 80er Jahren war das Kernwaffenprojekt bereits sehr weit entwickelt und man nimmt an, dass Brasilien kurz vor der Atombombe stand.
Aber mit dem Übergang in die Demokratie hat Brasilien schließlich auch das Vorhaben aufgegeben, Kernenergie für militärische Zwecke zu nutzen. Die offizielle Aufgabe des Atomwaffenprogramms erfolgte 1998 mit der Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags.
Im Jahr 2004 übernahm das Land zum ersten Mal in seiner Geschichte eine größere Verantwortung und Rolle im Rahmen einer UN-Friedensmission in Haiti. 1.470 Soldaten sind in dem Karibikstaat stationiert und im Juli 2004 hat Brasilien die Führung der internationalen Truppen übernommen.
Siehe Hauptartikel: Brasilianische Streitkräfte

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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