Bulgarien  5.6.2 Die Regierung Ljaptschew
Am 4. Januar 1926 wurde der radikale Zankow durch die gemäßigten Andrej Ljaptschew und Burov abgelöst (bis 1931). Sie versuchten zu den demokratischen Prinzipien zurückzufinden, indem sie die Bedeutung des Parlaments unterstrichen, Pressefreiheit und politische Diskussion forderten. Es fand eine große Amnestie politischer Häftlinge im Februar 1926 statt. Die Kommunistische Partei und deren Organisationen, Arbeiterjugendbund und Gewerkschaften wurden ein Jahr später zugelassen. Mit der Durchführung von Kommunal-, Distrikts- und Parlamentswahlen 1926/27 hatte die Regierung die wesentlichen Liberalisierungserwartungen des In- und Auslands erfüllt. Dieser gemäßigte Kurs Ljaptschews wurde mit einer Flüchtlingsanleihe britischer und amerikanischer Banken in Höhe von 2,4 Millionen Pfund Sterling sowie 4,5 Mio. Dollar honoriert.
Am 31. Mai 1927 verließ die Interalliierte Kontrollkommission Bulgarien. Es folgte am 9. Dezember 1927 eine bulgarisch-griechische Konvention über die Aussiedlung von Bulgaren aus Westtrakien. Dies brachte eine neue Flüchtlingswelle nach Bulgarien und führte zu neuen Versorgungsproblemen. In seiner Außenpolitik dokumentierte Ljaptschew die friedlichen Absichten Bulgariens am 14. November 1928 durch den Beitritt zum Briand-Kellogg-Pakt. Am 20. Januar 1930 wurde im Rahmen der Haager Schlussakte die Reparationssumme von 2,25 Milliarden Goldfranken auf den immer noch zu großen Betrag von 171,6 Millionen Goldfranken reduziert.
Die Weltwirtschaftskrise äußerte sich in Bulgarien zunächst als Agrarkrise, die zu einer Preissenkung landwirtschaftlicher Produkte führte, die tief unter dem Rentabilitätswert für die Landwirte lag. Eine gewisse Rolle spielte auch die Agrarreform von 1921 unter Stambolijski sowie die Versäumnisse bei den agrartechnischen Innovationen. Die Industrieproduktion ging um die Hälfte zurück. Die Zahl der Arbeitslosen stieg auf 200.000. Die Krise verursachte allgemeine Unzufriedenheit, die sich gegen die konservative Regierung richtete. So gelangte durch die relativ freien Wahlen vom 21. Juni 1931 der oppositionelle „Volksblock“ an die Macht. Dies war eine Koalitionsregierung bestehend aus Demokraten, Liberalen und gemäßigten Agrariern, zunächst unter der Führung von Aleksandar Malinow, und ab 12. Oktober 1931 von Nikola Muschanow. Die Regierung stellte nach Ablauf des Hoover-Moratoriums (Juli 1931 bis Juli 1932) den Zinsendienst für Auslandszahlungen ein, konnte aber die Krise nicht verringern.

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