Finnland  6.1 Verfassung und Rechtssystem
Die heutige Verfassung Finnlands ist seit dem 1. März 2000 in Kraft. Die neue Verfassung bedeutete eine erhebliche Verschiebung der Machtbefugnisse vom zuvor dominierenden Staatspräsidenten zu Parlament und Regierung. Heute ist das Land eine parlamentarische Republik.
Gesetzgebendes Organ ist das Parlament (finn. eduskunta, schwed. riksdag), ein Einkammerparlament mit 200 Abgeordneten, die für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht gewählt werden. Wahlberechtigt ist jeder finnische Staatsbürger ab 18 Jahren. Jeder Wähler hat eine Stimme, die er einem bestimmten Kandidaten gibt, so dass die Wähler nicht nur auf die Kräfteverhältnisse der Parteien, sondern auch auf die Reihenfolge der Kandidaten auf den Parteienlisten Einfluss haben.
Die Regierung des Landes, der Staatsrat (hallintoneuvosto), ist seit der Verfassungsreform direkt dem Parlament verantwortlich. Der Ministerpräsident wird direkt vom Parlament gewählt, die übrigen Mitglieder vom Präsidenten auf Vorschlag des Ministerpräsidenten ernannt. Traditionell werden in Finnland große Koalitionen auch über das zur Schaffung einer absoluten Mehrheit notwendige Maß hinaus gebildet. Derzeit wird der Staatsrat unter dem Ministerpräsidenten Matti Vanhanen durch eine Koalition aus der Zentrumspartei, der Sammlungspartei, den Grünen und der Schwedischen Volkspartei gebildet.
Die Befugnisse des Präsidenten der Republik wurden durch die Verfassungsreform 1999 deutlich eingeschränkt, ihm verbleiben jedoch noch bedeutende Aufgaben. Der Präsident leitet in Zusammenarbeit mit der Regierung die Außenpolitik. Außerdem hat er den Oberbefehl über die Streitkräfte und kann hohe Staatsbeamte und Richter ernennen. Der Präsident wird in direkter Wahl für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt. Seit 2000 ist die Sozialdemokratin Tarja Halonen als erste Frau die Präsidentin von Finnland. In der Stichwahl der Präsidentschaftswahlen am 29. Januar 2006 zwischen ihr und Sauli Niinistö setzte sie sich mit 51,8 % durch.
Es gibt in Finnland kein gesondertes Verfassungsgericht. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit wird von den regulären Gerichten überprüft. Die Verfassungsmäßigkeit der vom Parlament beschlossenen Gesetzes ist allerdings richterlicher Kontrolle entzogen. Das Parlament übt eine Selbstkontrolle der Verfassungsmäßigkeit seiner Gesetzgebung mittels eines Grundgesetzausschusses (perustuslakivaliokunta) aus.
Das finnische Rechtssystem ist stark vom Recht Schwedens geprägt, das bei der Ablösung Finnlands aus dem Verbund mit Schweden 1809 in Kraft blieb. Bis in die jüngere Vergangenheit zeichnete sich die Gesetzgebung durch ein hohe Maß an Kontinuität aus. Seit dem Beitritts Finnlands zur Europäischen Union 1995 hat das Unionsrecht vielfältige Neuerungen und Reformen in der finnischen Gesetzgebung erforderlich gemacht. Das ordentliche Gerichtssystem ist in drei Zügen aufgebaut. Als Einstiegsinstanz dienen die 56 Amtsgerichte (käräjäoikeus), Berufungen können zu den sechs Hofgerichten (hovioikeus) erhoben werden. Oberste Instanz für Revisionen, die allerdings nur unter engen Voraussetzungen zugelassen werden, ist das Oberste Gericht (korkein oikeus). Neben der ordentlichen Gerichtsbarkeit besteht eine gesonderte, zweizügige Verwaltungsgerichtsbarkeit.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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