Honduras  4.4 Die Entwicklung nach der Unabhängigkeit
Von 1821 bis 1876 wechselten sich 85 Regierungen ab. 1876 leitete Marco Aurelio Soto eine liberale Wende ein: Er säkularisierte den Kirchenbesitz, führte die Zivilehe und ein staatliches Bildungswesen ein. Seine Gegner (Kirche und Großgrundbesitzer) und Befürworter (das städtische Bürgertum) organisierten sich später in der Nationalen Partei und in der Liberalen Partei, die bis heute die wichtigsten Parteien geblieben sind. Gleichzeitig trieb Soto die Erschließung und Weltmarktöffnung des isolierten Landes voran. Großzügige Konzessionen lockten US-Konzerne an und führten zur Entwicklung der „Bananenrepublik“. Die Geschichte einer kolonieähnlichen Fremdbestimmung begann. Die Diktatoren T. Carías Andino und J. M. Gálvez, die von 1933 bis 1948 bzw. von 1949 bis 1954 an der Macht waren, betätigten sich als Handlanger der United Fruit Company. Der Streik von rund 25 000 Arbeitern auf den US-amerikanischen Bananenplantagen im Jahre 1954 leitete die Bändigung der Macht ein, die von der „Bananen-Enklave“ auf den „Rest des Landes“ ausgeübt wurde.
1969 kam es zu einer militärischen Auseinandersetzung mit El Salvador, die als „Fußballkrieg“ in die Geschichte einging. Der Grund waren Spannungen um Wirtschaftsflüchtlinge aus El Salvador, die seit längerem von der Bevölkerung Honduras’ für die wirtschaftlichen Probleme verantwortlich gemacht und angefeindet wurden. Der Krieg kostete 3.000 Menschen das Leben, 6.000 wurden verletzt. Der Konflikt selbst dauerte jedoch bis 1980 an und wurde unter Vermittlung der Organisation Amerikanischer Staaten durch ein Friedensabkommen beigelegt.
Die Reformansätze des Präsidenten Villeda Morales, der von 1957 bis 1963 regierte, wurden zwar zunächst durch Militärputsche aufgehalten, aber die Militärregierung unter Osvaldo López Arellano, der von 1972 bis 1975 an der Macht war, griff sie wieder auf und trieb sie unter dem Druck von Gewerkschaften und Bauernorganisationen voran. Sie packte vor allem eine Agrarreform an, die ihren Namen verdiente, obwohl ihre Durchführung von zwei nachfolgenden Militärregierungen gebremst wurde. Militärregime à la Honduras waren nicht ganz so schlimme Folterregime wie in den Nachbarstaaten. Sie verboten zwar allzu linke Parteien und Organisationen, beließen aber den beiden großen Parteien samt ihren Abspaltungen und vor allem den starken Bauernorganisationen politische Freiräume. Diese autoritäre Toleranz bildet einen wesentlichen Grund, warum bislang in Honduras Guerillagruppen über Ankündigungen des bewaffneten Widerstandes nicht hinauskamen.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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