Island  5.1 Staatsaufbau
Island ist seit dem 17. Juni 1944 eine unabhängige parlamentarisch-demokratische Republik. Staatsoberhaupt ist Präsident Ólafur Ragnar Grímsson, der das Amt von Vigdís Finnbogadóttir 1996 übernahm. Grímsson ist der fünfte Präsident der Republik.
Der Staatspräsident wird in allgemeiner, direkter und geheimer Wahl mit einfacher Mehrheit auf vier Jahre gewählt. Gibt es nur einen Kandidaten, findet stille Wahl statt, das heißt, ein Urnengang entfällt, und der Kandidat muss die Wahl lediglich annehmen.
Der Staatspräsident hat laut Verfassung umfangreiche Vollmachten: er ernennt und entlässt ohne Parlamentsabstimmung die Regierungsmitglieder, vertritt Island völkerrechtlich und übt die Gesetzgebung zusammen mit dem Parlament aus. Der letztgenannte Punkt manifestiert sich in einem beschränkten Vetorecht. Gesetze können zwar auch ohne seine Zustimmung in Kraft treten, sie müssen dann allerdings „schnellstmöglich“ einem Plebiszit unterworfen werden. Dies kann nur einmal pro Legislaturperiode geschehen.
Tatsächlich beschränkt sich der Präsident allerdings traditionell auf repräsentative Aufgaben und ernennt denjenigen zum Ministerpräsidenten, den die Mehrheitsführer im Parlament vorher im Einvernehmen benannt haben. Als im Jahr 2005 Präsident Ólafur Ragnar Grímsson zum ersten Mal in der Geschichte der isländischen Demokratie von seinem Vetorecht Gebrauch machte, wurde ihm dieses Recht von angesehenen Staatsrechtlern prompt abgesprochen, unter anderem mit dem Hinweis, durch die traditionelle politische Enthaltsamkeit der Amtsträger sei dieses Recht historisch verwirkt. Das Gesetz wurde allerdings daraufhin zurückgezogen, zu einer Abstimmung kam es nicht mehr.
Die eigentlichen Regierungsgeschäfte führt der Premierminister. Derzeit (seit 1995) ist eine Koalition von Unabhängigkeitspartei (Sjálfstæðisflokkurinn; SF) und Fortschrittspartei (Framsóknarflokkurinn; FF) an der Regierung. Der derzeitige Premierminister heißt Geir Hilmar Haarde und ist Vorsitzender der Unabhängigkeitspartei. Sein Kabinett umfasst elf Minister.
Die Legislative wird vom Althing, dem isländischen Parlament vertreten. Das Parlament besteht aus 63 Abgeordneten. Das Land ist in sechs Wahlbezirke (kjördæmi) aufgeteilt, aus denen 54 Sitze durch Verhältniswahl für vier Jahre bestimmt werden, wobei jeder Wahlbezirk eine festgelegte Anzahl von Abgeordneten entsendet, die restlichen 9 Ausgleichssitze werden nach dem landesweiten Stimmenanteil der Parteien bei den Wahlen vergeben. Durch die Festlegung der Sitzanzahl jedes einzelnen Wahlbezirks, die die Bevölkerungssituation mindestens vier bis fünf Jahre vor der zu betrachtenden Wahl widerspiegelt, kommt es zu einem starken Ungleichgewicht des Stimmgewichts. So haben Politologen berechnet, dass vor der 2002 vollzogenen Wahlbezirksreform ein Bewohner des damals am schwächsten bevölkerten Bezirks Westfjorde (heute ist Norðurland vestra am dünnsten besiedelt) ein bis zu zehnfach höheres Stimmgewicht eines Bewohners von Reykjavik hatte. Diese Ungleichheit wurde durch die Reformen nur teilweise abgemildert.
Die Judikative ist zweistufig ausgebildet. Die untere Ebene bilden die Bezirksgerichte, die sich in den acht ehemaligen Verwaltungsbezirken befinden (siehe unten), und dem Obergericht (Hæstiréttur = Oberster Gerichtshof), das auch als Verfassungsgericht fungiert. Daneben besteht laut Verfassung noch die Möglichkeit, zum Zweck der Minister- und Präsidentenanklage ein so genanntes Landesgericht einzuberufen. Dies ist allerdings noch nie geschehen. Die Richter werden, wie allen anderen Beamten auch, nach einem Ausschreibungsverfahren vom fachlich zuständigen Minister ernannt. Dies hat schon des öfteren zur Unterstellung politischer Motive bei der Besetzung des Obergerichts geführt.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
GNU-Lizenz für freie Dokumentation