Jamaika  4.3 Britische Kolonie (1655-1962)
Inbesitznahme
Nach der Niederlage der spanischen Armada 1588 konnte Spanien seine Besitzungen in der Karibik nicht mehr schützen. Am 10. Mai 1655 landeten englische Truppen unter Admiral William Penn sen. an der Stelle des heutigen Kingstons. Die Verwaltung in Spanish Town ergab sich am nächsten Tag, ein Teil der verbliebenen Spanier floh kampflos nach Kuba. In der Hoffnung eines Aufstandes hatten sie zuvor ihre Sklaven befreit und mit Waffen ausgestattet. Es kam aber zunächst nicht zu Kämpfen, da die ehemaligen Sklaven sich ins unzugängliche Landesinnere zurückzogen, wo sie unter der Bezeichnung Maroons lebten. Trotz der Kapitulation sammelte der letzte spanische Gouverneur Cristobal Arnaldo de Ysassi Guerillatruppen an der Nordküste und im Landesinneren. Zweimal erhielt er Unterstützung aus Kuba, musste aber nach zwei Niederlagen gegen die englische Armee 1657 und 1658 endgültig aufgeben. 1664 wurde eine gewählte Versammlung eingerichtet, die lokale Verwaltungsaufgaben wahrnahm. Jamaika ging 1670 durch den Vertrag von Madrid formal in den Besitz Großbritanniens über.
Wirtschaftlicher Aufschwung
Die in der Plantagenwirtschaft Jamaikas erzeugten Güter machten die Insel über 150 Jahre lang zu einem wertvollen Besitztum der englischen Krone. Die Insel war auch eine bedeutende Anlaufstelle für Freibeuter und Piraten, die, meist mit britischer Duldung, die die neu gegründete Hauptstadt Port Royal anliefen. Das Piratenzeitalter auf der Insel endete mit der Zerstörung der Stadt durch ein Erdbeben am 7. Juni 1692. Spanisch Town wurde wieder Hauptstadt, bis sie 1755 durch Kingston abgelöst wurde. 1694 landete der Franzose Du Casse mit 1500 Soldaten im Norden und Osten Jamaikas. Sein Versuch die Insel zu erobern, scheiterte am Widerstand der Siedler. Nach zehntägigen Kämpfen musste er sich auf seine Schiffe zurückziehen. Er zerstörte mehrere Plantagen und entführte etwa 1300 Sklaven. Der letzte Versuch der Eroberung der Insel scheiterte 1782, als die für die Invasion vorgesehene französische Flotte in der Schlacht von Les Saintes von den Engländern geschlagen wurde.
Unruhen und Aufstände
Ab den 1730er Jahren kam es immer öfters zu Konflikten mit den Maroons. Diese weigerten sich, entflohene Sklaven an die Engländer auszuliefern und unternahmen ihrerseits Versuche, weitere Sklaven zu befreien. Der erste Maroonkrieg erreichte seinen Höhepunkt 1734, als Nanny Town, eine der Maroon Siedlungen in den Blue Mountains, zerstört werden konnte. Der Konflikt dauerte bis zum Friedensschluss 1739 an. Der von Granny Nanny ausgehandelte Vertrag sicherte den Maroon eine eigenständige Kolonie zu unter der Bedingung, dass sie entflohene Sklaven zurückführen und bei der Verteidigung der Insel helfen. Der zweite Maroonkrieg brach 1795 aus, nachdem die Maroon sich weigerten, weiterhin Menschen auszuliefern. Der Auslöser für die Kämpfe war die Folter zweier Sklaven. 5000 Soldaten, sowie auf Menschenjagd abgerichtete Bluthunde schlugen den Aufstand nieder. Die Maroon Anführer wurden gefangen genommen und nach Neuschottland in Kanada deportiert, von wo aus sie später nach Sierra Leone gebracht wurden.
1807 wurde der Überseehandel mit Sklaven untersagt, das Arbeitssystem an sich blieb aber unverändert. Es kam zu mehreren kleineren Unruhen, bis 1831 unter der Führung von Samuel Sharpe der Weihnachtsaufstand in der Umgebung von Montego Bay ausbrach. Obwohl schnell und blutig niedergeschlagen war er Teil einer Entwicklung, die 1834 zum Slavery Abolition Act, also zur Abschaffung der Sklaverei, führte. Bis zur Durchsetzung des neuen Gesetzes auf Jamaika dauerte es noch vier weitere Jahre. In den folgenden Jahren kamen immer mehr Einwanderer freiwillig auf die Insel, darunter auch eine Gruppe von Arbeitern aus Indien. Sie wurden auf den Plantagen eingesetzt, konnten aber den beginnenden Niedergang der Zuckerindustrie nicht aufhalten. Billiger Zucker aus Kuba überflutete den Markt.
Die Lebensbedingungen der befreiten Sklaven blieben katastrophal. Sie hatten zwar die Freiheit erlangt, waren aber meist besitzlos und konnten sich aufgrund einer Wahlsteuer nicht an der Verwaltung der Insel beteiligen. Die Wut und Verzweiflung der Bevölkerung entlud sich im Aufstand von Morant Bay unter Führung von Paul Bogle und George William Gordon. Der Aufstand wurde von den Briten im Auftrag des Gouverneur mit massiver Gewalt niedergeschlagen, die lokale Verwaltung aufgelöst und Jamaika zur Kronkolonie erklärt. Mehr als 1000 Menschen, darunter Bogle und Gordon kamen ums Leben. Die eingesetzte Gewalt löste in Großbritannien Entsetzten aus und führte zu einer genaueren Überwachung der Gouverneure.
Kronkolonie
Mit dem neuen Gouverneur John Peter Grant begannen zahlreiche Reformen. Das Bildungssystem wurde größeren Bevölkerungsteilen zugänglich gemacht und die Arbeitsgesetze verbessert. Außerdem wurde die Infrastruktur ausgebaut. Das Eisenbahnssystem erreichte seine größte Ausdehnung und ein Unterwasserkabel nach Europa wurde verlegt. 1914 wurde auf der Insel das Kriegsrecht verhängt, rund 10.000 jamaikanische Soldaten nehmen am Ersten Weltkrieg auf Seiten der Alliierten teil.
Ab den 1930er Jahren gab es, teilweise durch die Arbeit Marcus Garveys motiviert, Unruhen und Aufstände gegen die britische Herrschaft. Die Bewohner verlangten mehr Unabhängigkeit und eine gerechtere Besteuerung. 1938 wurde die People's National Party (PNP), die erste der beiden großen Parteien, von Norman Washington Manley gegründet. 1944 trat eine neue Verfassung in Kraft, die dem Land wieder eine gewisse Selbstverwaltung zugestand. Im selben Jahr fanden die ersten freien, allgemeinen und gleichen Wahlen statt. 1953 wurden die gewährten Freiheiten noch einmal erweitert, die innere Verwaltung ging 1957 komplett an die Volksversammlung über. Der Chief Minister, ein Vorgänger des späteren Premierministers, leitete ab sofort einen großen Teil der Geschicke des Landes.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde Jamaika von Großbritannien und den USA als Marinestützpunkt benutzt. Das Land selbst unterstützte die Alliierten mit Truppen und Geld. Nach dem Weltkrieg gab es Versuche, die westindischen Kolonien unter eine gemeinsame Verwaltung zu stellen. 1947 fanden in Montego Bay erste Verhandlungen zur Gründung der Westindischen Föderation statt, ein Jahr später wurde die University of the West Indies, eine gemeinsame Hochschule für 16 Karibikstaaten, in Mona bei Kingston gegründet. 1958 schlossen sich Jamaika und neun weitere britische Gebiete in der Karibik der Westindischen Föderation an, schied aber bereits 1961 nach einem Referendum wieder aus.

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