Jamaika  4.4 Souveräner Staat
Erste Jahre (1962-1989)
Die Unabhängigkeit von Großbritannien wurde am 6. August 1962 erlangt, am 18. September folgte die Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen. Jamaika ist seitdem freies Mitglied des Commonwealth. Der erste Premierminister war Alexander Bustamante von der Jamaica Labour Party (JLP), die bis 1972 an der Macht blieb. Die erste Sitzung des Parlaments wurde von Princess Margaret eröffnet. Jamaika trat in den folgenden Jahren mehreren internationalen Organisationen bei, darunter der UN-Menschenrechtsausschuss.
1966 besuchten sowohl Elisabeth II.. als auch der für die Rastafari wichtige Haile Selassie unter großem Jubel die Insel, im gleichen Jahr fand mit den Commonwealth Games das größte sportliche Ereignis der Geschichte des Landes statt. Im Oktober führten Bandenkriege in Kingston zur Verhängung des Notstands. Polizei und Militär brauchten einen Monat um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Nach Ende seiner Amtszeit im Februar 1967 zog sich Bustamante aus der Führung seiner Partei zurück. Sein Nachfolger Donald Sangster konnte die Wahl mit 33 zu 20 Sitzen im Parlament gewinnen. Nur wenige Wochen später musste er nach einem Schlaganfall zur Behandlung nach Kanada geflogen werden wo er am 11. April verstarb. Hugh Shearer regierte bis zum Ende der Legislaturperiode. In seine Amtszeit fallen die Umstellung auf das Dezimalsystem 1968 und die Einführung des Jamaika-Dollars 1971, aber auch eine Dürre in den Jahren 1967-68 und ein landesweiter Streik der Polizei für mehr Löhne.
Demokratischer Sozialismus (1972-1980)
Missglückte Maßnahmen zur Bekämpfung der Dürrefolgen und der Streik ließen in der Bevölkerung an der Führungsqualität Sangsters zweifeln. Die Peoples National Party (PNP) unter Michael Manley konnte sich bei den Wahlen 1972 mit 37 zu 19 Sitzen durchsetzen. In den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit hatte Jamaika eine pro−westliche Außenpolitik verfolgt. Manley hingegen erklärte den Demokratischen Sozialismus zur Staatsform und nahm Beziehungen zu sozialistischen Staaten auf. Es kam zu Verstaatlichungen und Käufen zahlreicher Unternehmen, besonders im Bergbaubereich. Die neue Politik war nicht direkt kommunistisch - die demokratischen Strukturen blieben bestehen und große Teile des Marktes waren weiterhin in Privatbesitz - wurde aber aufgrund einer engen Freundschaft Manleys zu Fidel Castro und einer Handelsmission in die Sowjetunion häufig so interpretiert. Trotz intensiver Verhandlungen brachen 1979 die Beziehungen zum Internationalen Währungsfonds ab, die Wirtschaft stagnierte. Kurz vor der Wahl deckte die Polizei Vorbereitungen eines Putschversuches der jamaikanischen Armee auf. 24 Soldaten und drei Zivilisten wurden verhaftet und zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.
Dennoch brachen die internationalen Beziehungen nicht ganz ab. Durch das Lomé-Abkommen von 1975 trat Jamaika den AKP-Staaten bei. Das Abkommen und sein Nachfolger, das Cotonou-Abkommen von 2002 sicherten dem Land Entwicklungshilfe und Zollpräferenzen, unter anderem auf dem europäischen Markt, zwang es aber auch einen Teil seiner Märkte für ausländische Produkte zu öffnen. Viele der Vergünstigungen, vor allem auf dem Bananenmarkt, sind 2006 ausgelaufen.
Rückkehr zur pro−westlichen Politik
Die verstärkte Armut infolge der internationalen Isolation verschaffte der JLP mit 51 zu 9 Sitzen einen deutlichen Sieg bei den 1980er Wahlen, ein Erfolg der sich bei den Kommunalwahlen ein Jahr später wiederholte. Der neue Premierminister Edward Seaga kehrte zu einer pro−westlichen Außenpolitik zurück. Manleys im Inland getroffene Maßnahmen, zu denen neben den Verstaatlichungen auch der Ausbau sozialer Einrichtungen gehörte, blieben aber weitestgehend bestehen. Die Beziehungen zum Währungsfond wurden wieder aufgenommen und die zu Kuba abgebrochen. Jamaika erhielt noch im selben Jahr von der UN die Zusicherung, dass das Hauptquartier der neu zugründenden Meeresbodenbehörde in Kingston errichtet wird. Besonders die USA und die EU gewährten nun Kredite und Wirtschaftshilfen zur Stärkung der Wirtschaft und Verbesserung der maroden Infrastruktur. Dennoch verlor der Jamaika-Dollar bis 1983 gegenüber dem US-Dollar so stark an Wert, dass die Regierung sich gezwungen sah, Neuwahlen anzuordnen. Die PNP lehnte die Teilnahme ab, da sie sich durch die Einteilung der Wahlkreise benachteiligt fühlte. Die JLP gewann alle 60 Sitze und konnte so bis 1987 souverän regieren.
Im Oktober 1983 begann die eine Woche dauernde US-Invasion in Grenada. Nach offiziellen Darstellung der USA war es unter anderem Jamaika, das in der Organisation Ostkaribischer Staaten den Wunsch geäußert habe, die dortige kommunistische Regierung zu stürzen. In Wirklichkeit ging die Initiative aber von den USA aus. Das einzige Mal in seiner Geschichte stellte die Insel Soldaten für einen Auslandseinsatz zur Verfügung. Zusammen mit Antigua und Barbuda, Barbados, Dominica, St. Lucia und St. Vincent entsandte es 300 Mann, die aber nicht zu Kampfhandlungen eingesetzt wurden.
Am 12. September 1988 traf Hurrikan Gilbert Jamaika. Das Auge des Sturms überquerte die Insel auf der vollen Länge und richtete große Verwüstungen an. Es entstand ein Schaden von 4 Milliarden US-$, 40 % der Anbauflächen wurden zerstört. Kingston und Saint Andrew Parish, sowie Hanover Parish waren am schlimmsten betroffen, hier brach die Versorgung mit Wasser und Elektrizität für mehrere Tage zusammen.[4] In den folgenden Monaten flossen umfangreiche internationale Hilfen, die zwar aufgrund von Korruption und Unterschlagungen nur zum Teil bei den Menschen ankamen, die Wirtschaft aber wieder ankurbelten.
1989 stürzte die allgemeine Unzufriedenheit der Bevölkerung über den Wiederaufbau die Regierung. Bei den Parlamentswahlen erreicht die PNP 45 der 60 Sitze und Michael Manley wird erneut Premierminister. 1992 muss er aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten. Percival J. Patterson wurde sein Nachfolger und blieb bis 2006 im Amt. Dank internationaler Hilfen war die Wirtschaftslage 1990 wieder relativ günstig und förderte die Gründung vieler Banken und Versicherungen. Die gingen große finanzielle Risiken ein. 1996 führten unerwartet stark steigende Zinsen zu einem Zusammenbruch des gesamten Finanzsektors.
Jamaika ist seit einigen Jahren bemüht, sich an internationalen Organisationen zu beteiligen, um auf seine Probleme aufmerksam zu machen. So übernahm es 2001 z. B. für ein Jahr den Vorsitz des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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