Jamaika  5.6 Soziale Probleme und Kriminalität
Die Inflation seit den 1980er Jahren und die Verteuerung des US-Dollars im Vergleich zum Jamaikanischen haben die Preise, insbesondere für Importgüter, steigen lassen. Durch die geringeren Exporte sind viele Arbeitsplätze weggefallen, besonders in der Landwirtschaft. Zudem hat fast jeder Einwohner zumindest einen Teil seiner Ersparnisse beim Zusammenbruch des Finanzsektors verloren. Immer mehr Menschen ziehen vom Land in die Stadt, wo sie, besonders in Kingston, in slumartigen Wohnvierteln leben. Die Regierung hat große Anstrengungen unternommen, um Wohnraum zu schaffen; unter anderem wurden in Portmore zehntausende billige Wohnungen gebaut. Die grundlegenden sozialen Probleme wurden aber nicht gelöst. Viele Musiker heizen mit ihren gewaltverherrlichenden Texten die Situation an, beschuldigen die ehemaligen Kolonialherren der fortgesetzten Unterdrückung und Ausbeutung oder greifen Minderheiten an.
Die schlechte Lebensqualität fördert die Kriminalität, die heute wohl das größte Problem der Insel ist. In den Städten haben sich Banden gebildet, die durch Drogenhandel und Schutzgelderpressung Geld verdienen. Seit den 1970er-Jahren unterhalten auch die Gewerkschaften und die eng mit ihnen verbundenen Parteien bewaffnete Banden, die Viertel kontrollieren, in denen besonders viele der eigenen Anhänger leben. Gerade junge Menschen sehen in den Banden die einzige Möglichkeit, schnell an Geld zu kommen. Im Jahr 2002 wurden 1139 Menschen ermordet, was etwa 40 Toten pro 100.000 Einwohner entspricht, wobei von Polizei und Armee Erschossene nicht berücksichtigt wurden. Zur gleichen Zeit lag die Quote in den USA bei 5,7 pro 100.000. Durch zusätzliche Polizisten und einen verstärkten Einsatz der Armee im Inland seit 2001 konnte die Zahl der meisten Schwerverbrechen bis 2005 reduziert werden. Die Kriminalitätsrate ist immer noch eine der höchsten der Welt; die Aufklärungsrate liegt bei etwa 40 %. Die wenigen Gefängnisse stammen größtenteils noch aus der Kolonialzeit und sind überbelegt. Die Haftbedingungen sind meist schlecht. Jamaika ist Durchgangsstation des Drogenhandels von Süd- nach Nordamerika. Den Schätzungen des Sicherheitsministeriums zufolge passieren jährlich rund 80 Tonnen Kokain die Insel. Der Schmuggel ist für die Zwischenhändler sehr lukrativ. Viele Küstenregionen werden von mafiösen Organisationen kontrolliert, was auch daran liegt, dass sich die Polizei auf die Städte konzentriert. Eine Zusammenarbeit mit den USA konnte die Geschäfte nicht beeinträchtigen, was unter anderem daran liegt, dass Korruption unter hohen Beamten weit verbreitet ist. Transparency International führt Jamaika in seinem Korruptionsbericht auf Platz 64.[12]

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