Jemen  9.1 Innenpolitik/Wahlen
1993 fanden im frisch vereinigten Jemen die ersten freien Wahlen statt, in denen sich drei große Parteien gegenüber standen: Der Allgemeine Volkskongress, ehemals Einheitspartei im Nordjemen, die Sozialistische Partei, Einheitspartei des Südjemen, sowie als dritte die Jemenitische Vereinigung für Reformen (Islah). Die Koalition von Islah und Volkskongress wurde fast Modell für eine arabische Demokratisierung. Allerdings behielten alle Parteien ihre Truppen, was durch militärische Ausgewogenheit für Stabilität sorgte.
Die Parlamentswahl im April 1997 wurde von den Sozialisten boykottiert (da sie nach dem Bürgerkrieg von 1994 in der südjementischen Stammwählerschaft diskreditiert waren und sie aufgrund der Konfiszierung ihrer Konten und Immobilien nach Beendigung des Krieges nicht über die für eine Wahlkampagne nötigen Ressourcen verfügten) und Präsident Ali Abdullah Salih konnte mit einer absoluten Mehrheit ohne die Islah regieren.
Am 23. September 1999 wurde der seit 1978 regierende Präsident ein fünftes Mal gewählt; der einzige Gegenkandidat, der langjährige Parlamentsvorsitzende und Scheich Abdallah al-Ahmar, war aus den eigenen Reihen ausgewählt worden und so waren 96,3 % der Stimmen für Salih auch keine Überraschung. In nur 6 Jahren war Jemen wieder zu einem typischen arabischen Einparteienstaat geworden.
Ab 1999 wurde der Druck auf die Oppositionsparteien erhöht, obwohl die Regionalwahlen im Februar 2002 durch ein Dezentralisierungsgesetz zu pluralistischen Gemeinde- und Regionalräten führten.
Im Februar 2001 konnte die Staatspartei ihre Macht mit einer durch ein Referendum abgesicherte dritte Verfassungsreform stärken. Der Konsultationsrat wurde in eine zweite Kammer gewandelt (Madschlis asch-Schura) und die präsidiale Amtszeit dauerte nun sieben statt fünf Jahre. Präsident Ali Abdullah Salih konnte dadurch bis 2006 regieren. Er selbst kündigte an, dass er bei den nächsten Präsidentschaftswahlen nicht antreten werde. Diese Entscheidung revidierte er im Juni 2006, nachdem in – von seiner Partei organisierten – Massendemonstrationen seine erneute Kandidatur gefordert worden war. Daher wird er wohl frühestens im Jahr 2013 von seinem Sohn Ahmad Salih abgelöst werden.
Nach dem 11. September 2001 wurden ausländischen Studenten sowohl Stipendien als auch Visa gestrichen, wodurch diese zur Ausreise gezwungen waren.
Der radikale Flügel der Partei, angeführt von Scheich Abd al-Madschid az-Zandani, geriet ebenso wie die oppositionelle Presse unter Beschuss. Wörtlich unter Beschuss geriet auch der Sohn des Parlamentpräsidenten, der am 24. Oktober in einem bewaffneten Kampf zwischen Polizei und der Garde des Parlamentspräsidenten schwer verletzt wurde.
Am 28. Dezember 2002 wurde der zweitwichtigste Politiker der Sozialisten, Dscharallah Umar, beim Parteitag der Islah getötet. Die oder der Täter wurden bislang nicht ermittelt, jedoch verdächtigt die Regierung Anhänger der Islah, obwohl diese gerade von Umar zu einer Koalition gegen die Staatspartei aufgerufen worden waren. Am 2. November 2005 wurde Ali as-Sa'awani zum Tode wegen der Ermordung von Dscharallah verurteilt. Kritisiert wurde, dass das Gericht im Interesse der Regierung keine Motive und Hintergründe der Tat thematisiert hat. Der Verurteilte gestand die Tat, er sah in Dscharallah den Architekten der Koalition der Sozialisten und der Islah.
Am 23. September 2006 wurde Präsident Ali Abdullah Salih unter Protesten der Oppositionspartei für eine weitere Amtszeit wiedergewählt.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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