Mauretanien  4 Geschichte
Früheste Nachweise einer Besiedlung durch nomadische Berber und schwarzafrikanische Völker finden sich schon um 10.000 v. Chr. Die Römer nannten ihre eroberten Provinzen in Nordafrika nach dem saharischen Stamm der Mauren Mauretania Tingitana (heute nördliches Marokko) und Mauretania Caesariensis (heute nördliches Algerien).
Als im 7. Jahrhundert arabische Krieger den Islam in den "Fernen Westen", Maghreb trugen, änderte sich am Leben der Völkergemeinschaft südlich der Sahara noch nichts. Der Islam verbreitete sich entlang der Handels- und Karawanenrouten durch die Sahara, blieb aber über Jahrhunderte hin eine Religion der "fremden Händler", bis sich auch die Oberschicht in den afrikanischen Stadtgemeinschaften für diese Religion interessierte und sich zum Islam bekehrte. Auch, als die großen Reiche Westafrikas im 11. Jahrhundert zum Islam konvertierten und vom Tschad-See (Kanem-Bornu) und dem Niger (Gana, Songhai, Mali) aus der Islam weiter in das Gebiet eindrang, blieb das animistisch geprägte Leben der Landbevölkerung erhalten. Muslime hatten - wie etwa aus dem Niger-Bogen berichtet wird - ihre eigene Stadt abseits der Königsstadt, sie führten ein eigenständiges Leben innerhalb der Königreiche, und wenn sich der Herrscher mit seiner Familie zum Islam bekehrte, dann war damit nicht auch gleichzeitig die Islamisierung des gesamten Staates verbunden. Chinguetty ist eine der 7 heiligsten Stätten des Islam, galt lange als das religiöse Zentrum des ganzen Gebietes und war der Treffpunkt der Pilger auf ihrem Weg nach Mekka.
Zu Beginn des 11. Jahrhunderts gründeten islamisierte Mauren das Almoraviden-Reich, das sich in seiner Glanzzeit im 11. und 12. Jh. auch das Reich von Gana einverleibte und bis zum Ebro in Spanien reichte. Dieses Reich brach 1147 zusammen; der Norden Mauretaniens blieb lose mit Marokko verbunden, der Süden mit Mali. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts begannen dann die nomadischen Kunta-Araber, erneut die Lehre des Islam zu predigen. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts begann die Qadiriyya-Bruderschaft, zu der auch die Kunta-Araber gehörten, den Islam im gesamten westlichen Sudan weiter zu verbreiten. Erst in dieser Zeit wandelte sich der Islam von der bloßen "Herrschaftsreligion" zur Religion des Einzelnen, aber nichtislamische Herrscherhäuser regierten in alten Moslemhochburgen bis ins 18. Jahrhundert hinein. Dann begann eine Reform des Islam bei den Fulbe und anderen Stämmen, die zugleich mit einer Ideologisierung und Radikalisierung einherging.
Da die Küste des Landes schlecht zugänglich war und die Kolonialmächte über Jahrhunderte keine Kunde von den vorhandenen Bodenschätzen hatten, zeigten sie bis Ende des 19. Jahrhunderts kaum Interesse an Mauretanien. An der Wende zum 20 Jh. begannen die Franzosen von Süden her mit der Unterwerfung des Landes, das für sie vor allem strategische Bedeutung als Bindeglied zwischen west- und nordafrikanischen Besitzungen hatte. 1904 wurde das Gebiet französisches Territorium im Rahmen Französisch-Westafrikas (AOF), 1920 französische Kolonie, doch gelang es den Franzosen erst 1934 letzte Aufstände im Norden zu unterdrücken. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Mauretanien im Rahmen der französischen Entkolonialisierungspolitik Überseeprovinz und damit Mitglied der Union Française. Bis 1955 gab es im Osten des Landes noch Gebiete, die den Europäern unbekannt waren: In diesem Jahr durchquerte der Franzose Théodore Monod als erster Europäer die Landschaft El Djouf. Die ersten Wahlen fanden 1957 statt. 1959 wurde Mokhtar Ould Daddah Regierungschef.
Am 28. November (Nationalfeiertag) 1960 erhielt das Land seine Unabhängigkeit. Ould Daddah, der sich auch "Vater des Vaterlandes" nennen ließ, war von 1961 an darüber hinaus Staatspräsident sowie von 1964 an Generalsekretär der aus mehreren Parteien gebildeten Einheitspartei Parti du Peuple Mauritanien (PPM). Die seit etwa 1970 bestehenden Streitigkeiten der angrenzenden Länder um den Besitz der einstigen spanischen Überseeprovinz Spanisch-Sahara (Westsahara) endeten im Jahre 1976 nach dem Rückzug Spaniens aus dem Territorium mit der Annexion durch Marokko und Mauretanien. Die saharanische Guerillabewegung "Frente POLISARIO" führt seither einen verzweifelten Kampf um die Herstellung eines eigenen Staates. Für Mauretanien hatte diese Eroberungspolitik katastrophale wirtschaftliche Folgen, die schließlich 1978 zum Sturz Ould Daddahs und zum Verbot der PPM führten. Im August 1979 gab Mauretanien alle Ansprüche auf das Westsahara-Territorium auf. In den darauffolgenden Jahren erlebte Mauretanien mehrere Umstürze und Regierungsumbildungen. Es regierten nacheinander die Obristen Mustafa Ould Salek (1978-1979), Mohamed Mahmoud Ould Louly (1979-1980) und Mohamed Khouna Ould Haidalla (1980-1984). Am 12. Dezember 1984 gelangte Oberst Maaouya Ould Sid’Ahmed Taya an die Macht. Anfang 1991 kündigte er eine demokratische Umgestaltung des Landes an. Gemäß einer im Juli 1991 verabschiedeten Verfassung fanden 1992 freie Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt, die allerdings von der Opposition angefochten wurden.
Aufgrund der dauerhaften Stagnation und der unterbliebenen Reformen kam es immer wieder zu Putschversuchen gegen Taya, die schließlich am 3. August 2005 Erfolg hatten. An diesem Tag besetzte eine Gruppe von Offizieren, die sich Militärrat für Gerechtigkeit und Demokratie (Conseil Militaire pour la Justice et la Démocratie - CMJD) nennt, das Armee-Hauptquartier, den Sitz des staatlichen Hörfunks und des Fernsehens sowie die Ministerien und den Präsidentenpalast in Nouakchott und erklärte Präsident Taya für abgesetzt. Die Putschisten hatten einen Auslandsaufenthalt Tayas anlässlich des Begräbnisses von König Fahd in Saudi-Arabien genutzt und die Verfassung außer Kraft gesetzt. Taya ist nicht nach Mauretanien zurückgekehrt, sondern hat nach Zwischenaufenthalten in Niger und Gambia Aufnahme in Katar gefunden. Die Afrikanische Union (AU) verurteilte den Staatsstreich. Die Putschisten bestimmten den langjährigen bisherigen Polizei- und Geheimdienstchef, Oberst Ely Ould Mohammed Vall zum neuen Führer des Landes. Die neue Militärregierung kündigte an, innerhalb von zwei Jahren demokratische Verhältnisse in Mauretanien einzuführen. Oberst Vall wurde zum Vorsitzenden des 17-köpfigen Militärrates , und damit zum Staats- und Regierungschef ernannt.[1] Am 5. August wurde Mauretanien „bis zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung“ vorübergehend aus der Afrikanische Union ausgeschlossen.
Bei den Parlamentswahlen im November 2006 gewinnen die langjährigen Oppositionsparteien eine Mehrheit der Sitze.[2]
Am 25. März 2007 gewann der frühere Finanzminister Sidi Ould Cheikh Abdallahi im zweiten Wahlgang die Präsidentschaftswahlen. Die Beteiligung an der Wahl lag bei 67%. Sie gilt als die fairste Präsidentenwahl seit der Unabhängigkeit, womit die Machtübergabe an eine zivile Regierung abgeschlossen ist.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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