Mazedonien  6.2 Außenpolitik
Außenpolitisch ist die Lage von dem Umstand geprägt, dass sämtliche Nachbarn eine Expansion des mazedonischen Staates fürchten.
Einer der Gründe ist die Verfassung von Mazedonien: In Artikel 49 wird erklärt, dass sich die Republik für den Status und die Rechte der Mazedonier in den Nachbarländern einsetzt, einschließlich der ehemaligen mazedonischen Volksgruppen (Expatriats). Dieser Artikel verpflichtet Mazedonien, alle Mazedonier in ihrer kulturellen Entwicklung zu fördern und ihre Bindungen an die alte Heimat zu fördern. Griechenland interpretiert dies als Ermutigung zum Separatismus gegenüber seiner Minderheit der mazedonischen Slawen und befürchtet potenzielle territoriale Ansprüche durch Mazedonien. Nach einer Handelsblockade durch Griechenland hat Mazedonien seine Verfassung geändert und erklärt nun ausdrücklich, dass es keine territorialen Ansprüche gegenüber den Nachbarstaaten hat.
Griechenland stieg zwischenzeitlich zum größten Investor in Mazedonien auf. Griechische Unternehmen sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für das Land und tragen zum wirtschaftlichen Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei.
Griechenland sieht sich als alleiniger Erbe des antiken Staats Makedonien. Daraus resultieren Streitigkeiten bezüglich der Geschichte und des Namens. Griechenland beansprucht den Namen „Mazedonien“ für sich, da es in Griechenland eine Provinz Makedonien gibt; siehe: Namensstreit Mazedonien. Damit verknüpft ist das Problem, dass sowohl Mazedonien [3] als auch Griechenland Alexander den Großen als makedonischen König geschichtlich beanspruchen.
Ein anderer Streit zwischen Griechenland und Mazedonien konnte beigelegt werden: Der sechzehnstrahlige Stern von Vergina (Vergina-Sonne) war ein Symbol des antiken makedonischen Staates. Griechenland akzeptierte dessen ursprüngliche Verwendung in der Flagge Mazedoniens nicht, worauf Mazedonien, von Griechenland wirtschaftlich unter Druck gesetzt, die Flagge änderte.
Bulgarien hat als erstes Land die Unabhängigkeit der Republik Mazedonien anerkannt. Bulgarien hat es jedoch lange abgelehnt, die Existenz einer separaten mazedonischen Nation und einer separaten mazedonischen Sprache anzuerkennen. Das führt bei der Vertragsunterzeichnung zwischen beiden Ländern zu einigen Komplikationen.
Bulgarien argumentierte, dass die mazedonische Sprache nur ein Dialekt der bulgarischen Sprache sei und dass die mazedonischen Slawen Bulgaren seien. Bulgarien gibt den Slawen in der Republik Mazedonien das Recht, die bulgarische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Davon haben bisher ungefähr 10 % der Berechtigten Gebrauch gemacht. Ein großer Teil der bulgarischen Bevölkerung glaubt, dass das Land Mazedonien, seine Bevölkerung, seine Traditionen und seine Sprache historisch gesehen bulgarisch seien.
Im Jahr 1999 legten die bulgarische und die mazedonische Regierung ihren jahrelangen Sprachenstreit bei, der die bilateralen Beziehungen schwer belastete. Bulgarien erkannte die Eigenständigkeit der mazedonischen Sprache und Nation erstmals offiziell an, Mazedonien entsagte im Gegenzug jeglicher Einflussnahme auf die mazedonische Minderheit in Bulgarien.
Die Republik Mazedonien hat sehr gute Beziehungen zu Bulgarien auf politischem, wirtschaftlichem und militärischem Gebiet. Die Regierungen beider Länder arbeiten daran, die wirtschaftlichen Beziehungen zu vertiefen. Bulgarien unterstützt auch die Aufnahme Mazedoniens in die EU. Bulgarien hat der mazedonischen Armee Panzer, Kanonen und Militärtechnologie geschenkt.
Bulgaren und Mazedonier verstehen sich wegen der sehr ähnlichen Sprache problemlos, da beide Sprachen ihre Wurzeln im Altkirchenslawischen haben und ihre Entwicklung bis Anfang des 20. Jahrhunderts analog bzw. gleich verlief. Die beiden modernen Standardsprachen basieren auf unterschiedlichen Dialektgruppen innerhalb des ostsüdslawischen Dialektkontinuums, die jedoch trotz phonologischer und morphologischer Unterschiede im allgemeinen gegenseitig verständlich sind. Die Kodifizierung der modernen bulgarischen Standardsprache wurde auf dem Gebiet des Wortschatzes und der Orthographie stark vom Russischen, diejenige der mazedonischen Standardsprache auf denselben Gebieten stark vom Serbischen beeinflusst wurde, was auch durch die politischen Verhältnisse in Osteuropa im 20. Jahrhundert bedingt war. Daher gibt es zahlreiche Unterschiede im Fachwortschatz, und die beiden Standardsprachen verwenden zwei verschiedene Fassungen des kyrillischen Alphabetes, wobei die Schreibung des Mazedonischen phonetisch/phonologisch, diejenige des Bulgarischen hingegen morphologisch und teilweise etymologisch aufgebaut ist.
Bei den Bulgaren spielen auch Erinnerungen an das längst vergangene Großbulgarien eine entscheidende Rolle. Ein Teil der Einwohner der Oblast Blagoewgrad im Südwesten Bulgariens betrachtet sich als Mazedonier im Sinne der Nationalität, denn dieses Gebiet ist das nach dem Balkankrieg 1913 von Bulgarien besetzte „Pirin-Makedonien“. Es gibt nationalistische Vorurteile gegen die Mazedonier in Bulgarien, da sie als Bulgaren angesehen werden.
1980 gab es mit dem damaligen Jugoslawien propagandistische Auseinandersetzungen um den ethnischen Ursprung der Mazedonier. Obwohl beide Länder sich als sozialistisch bezeichnet haben, gehörten sie unterschiedlichen Blöcken an, was immer mal wieder zu Spannungen führte. Damals musste sich Bulgarien propagandistisch gegen jugoslawische Ansprüche auf die mazedonische Provinz Bulgariens wehren. Es handelte sich aber nur um lokale Propaganda über Radio und Zeitung, die international gar nicht wahrgenommen wurde. Bei diesen Spannungen wurden 1980 auch zwei bulgarische Angler von jugoslawischen Grenzsoldaten an einem Grenzbach erschossen.
Serbien sieht seinen südlichen Nachbarn kritisch, weil sich Mazedonien von Jugoslawien abgespalten hat und auf Seiten der NATO im Kosovo-Konflikt stand. Wegen dieser Umstände ist die mazedonische Politik vor allem auf Beschwichtigung ausgelegt. Neben einer Heranführung des Landes an einen Beitritt zur EU hat das Land wichtige Beziehungen zu den USA hergestellt. So ist die Republik Mazedonien mit einem kleinen Truppenkontingent am Irak-Krieg beteiligt. Washington erkannte das Land kurz nach den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen im November 2004 daraufhin unter dem Namen „Republik Mazedonien“ an. Dies führte sofort zu einem Eklat in Griechenland und einer Zitierung des US-Botschafters in Athen ins griechische Außenministerium. Die EU hat Griechenland allerdings zugesichert, dem US-amerikanischen Beispiel nicht zu folgen. Mittlerweile haben 121 Staaten, darunter auch die Türkei, Russland und China, erklärt, im bilateralen Verkehr den verfassungsmäßigen Namen Mazedoniens zu verwenden. Die Regelung über den völkerrechtlich anerkannten Namen bleibt davon unberührt.
Albanien verlangt die Wahrung der Rechte der albanischen Minderheit in Mazedonien. In Albanien wiederum existiert eine mazedonische Minderheit im Prespa-Seengebiet, die eine mazedonischsprachige Schule besuchen dürfen. Seit kurzem haben die Mazedonier Albaniens eine eigene politische Partei gegründet.
Im übrigen sind die angestrebten Beitritte zur NATO und EU zentrale Themen der mazedonischen Außenpolitik.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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