Österreich  6.9 Nachkriegszeit und Zweite Republik
Mit dem Kriegsende 1945, der Niederlage des Großdeutschen Reiches, wurde Österreich als unabhängiger Staat wiederhergestellt. Dies hatten die späteren Siegermächte bereits 1943 in der Moskauer Deklaration angekündigt. Bereits am 27. April trat eine provisorische Staatsregierung mit Karl Renner als Staatskanzler zusammen und proklamierte die Wiedererrichtung der Republik. Bald darauf wurde die Bundesverfassung von 1920 in der Fassung von 1929 wieder in Geltung gesetzt. Ausnahme waren Bestimmungen, die die Umwandlung des Bundesrates in einen Länder- und Ständerat vorsahen. Die Volkswahl des Bundespräsidenten wurde, wie schon 1932, sistiert, Karl Renner von der Bundesversammlung gewählt. Nach Renners Tod wurde Theodor Körner als Kandidat der SPÖ am 27. Mai 1951 zum Bundespräsidenten gewählt. Dies war somit die erste Volkswahl eines Staatsoberhauptes in der österreichischen Geschichte.
Von 1945 bis 1966 gab es eine Regierung einer Grossen Koalition der beiden grössten Parteien, der christdemokratischen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und der Sozialistischen Partei Österreich (SPÖ).
Den meisten im Land gebliebenen Österreichern, wenige Jahre vorher großteils noch Hitler-loyale Deutsche, wurde es ab 1945 leicht gemacht, sich vom besiegten Deutschland zu distanzieren. Hatten die Alliierten doch 1943 Österreich als "erstes Opfer Hitlers" bezeichnet. Gemäß dieser Interpretation weigerte sich die Bundesregierung auch lange, ihrer Pflicht zur Restitution geraubten Vermögens nachzukommen - sie ist daher bis heute nicht abgeschlossen
Bis 1955 war Österreich, wie auch Nachkriegs-Deutschland, in Besatzungszonen aufgeteilt. Die größte Zone war die russische (UdSSR), zu der Oberösterreich nördlich der Donau (Mühlviertel), Niederösterreich in den Grenzen von 1937 (= vor der Errichtung Groß-Wiens), das wieder errichtete Burgenland und in Wien die Bezirke 2, 4, 10, 20, 21 und 22 gehörten.
Die Russen, wie sie noch heute genannt werden, obwohl zur Roten Armee auch viele Soldaten anderer Nationalitäten der Sowjetunion gehörten, konzentrierten als Deutsches Eigentum beschlagnahmte Betriebe in ihrem USIA genannten Konzern, der sich weder an österreichische Gesetze hielt noch österreichische Steuern bezahlte. An der Enns, Zonengrenze zum von den USA besetzten Oberösterreich südlich der Donau, führten sie strenge Personenkontrollen durch. In einigen Fällen wurden Österreicher von dort direkt nach Sibirien verbracht.
Mit der Unterzeichnung eines Staatsvertrages am 15. Mai 1955 durch die Bundesregierung und Vertreter der Siegermächte und mit dem formal davon unabhängigen (also im Staatsvertrag nicht verankerten) Bekenntnis bzw. der Verpflichtung zur Neutralität und keinen neuen Anschluss anzustreben, erlangte die Republik ihre volle Souveränität.
Am 26. Oktober 1955, nach dem Abzug der Besatzungssoldaten, erfolgte vom Nationalrat der Beschluß über die Immerwährende Neutralität Österreichs, dieser Tag ist seit 1965 österreichischer Nationalfeiertag. Die Neutralität (heute besser: Bündnisfreiheit) ist eine militärische und bedeutete von Anfang an keine Äquidistanz zu den Wertesystemen von West und Ost; dies wurde 1956 beim ungarischen Aufstand gegen das kommunistische Regime bewiesen, ebenso 1968, als Truppen des Warschauer Paktes die Tschechoslowakei besetzten. Bedingt durch die Neutralität konnten sowohl mit den westlichen Ländern als auch mit den damaligen Ostblockländern gute kulturelle und wirtschaftliche Bande geknüpft werden, was dem Land in der Zeit des Wiederaufbaues noch lange half.
Den Konflikt mit Italien wegen des mehrheitlich deutschsprachigen Südtirol, das bis 1918 zu Österreich gehört hatte und nach dem Ersten Weltkrieg italienische Kriegsbeute geworden war, brachte Österreich in den sechziger Jahren vor die UN und erreichte in der Folge für seine Südtiroler Landsleute eine bis heute bestehende Autonomie (1969).
1956/57 nahm die IAEA, die internationale Atombehörde, ihren Sitz in Wien, 1969 kam die UNIDO, die UN-Organisation für industrielle Entwicklung dazu, später folgten weitere UN-Agenturen.
1966 bis 1970 Alleinregierung der christdemokratischen ÖVP unter Josef Klaus.
1970 bis 1983 sozialistische Alleinregierung unter Bruno Kreisky. Bedeutend für die 1970er Jahre ist die internationale Einbindung und Bedeutung Österreichs, die sich unter anderem durch den Bau der Wiener UNO-City und die Internationalisierung der Palästinenserfrage, die Kreisky estmals vor die UNO bringt.
1978 fand die Volksabstimmung gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf statt – Österreich produziert bis heute keinen Atomstrom.
1979 wurde Wien nach der Fertigstellung seiner UNO-City offiziell dritter Amtssitz der UN neben New York und Genf. Unabhängig davon siedelte sich die OPEC in Wien an.
1983 bis 1986 kleine Koalition der Sozialdemokraten (SPÖ) mit der damals nationalliberalen FPÖ (Freiheitliche Partei) unter Bundeskanzler Fred Sinowatz (SPÖ). Nach der Wahl des Rechtspolitikers Jörg Haider zum Parteiobmann der FPÖ wurde die Koalition beendet.
Von 1987 bis 1999 Grosse Koalition der Sozialdemokraten (SPÖ) mit der christdemokratischen ÖVP (Bundeskanzler Franz Vranitzky und Viktor Klima, beide SPÖ). In diesen Zeitraum fiel der Beitritt Österreich zur Europäischen Union (1995).

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