San Marino  4.3 Kampf um Unabhängigkeit
Die in San Marino eigentlich friedlich zusammenlebenden Ghibellinen und Guelfen wurden durch die in Italien Mitte des 13. Jahrhunderts herrschende Zwietracht zwischen Kirche und Kaiser erstmals gegeneinander aufgehetzt, was dazu führte, dass die kaisertreuen Ghibellinen die Guelfen verbannten. Dass der größere Teil der Bevölkerung Ghibellinen war, lag wohl auch an der Tatsache, dass sich San Marino in den vorangegangenen Jahrhunderten immer und immer wieder gegen die Nachbarbischöfe verteidigen musste, die mal nur Steuern forderten und mal das gesamte Gebiet erobern wollten. Der Konflikt gipfelte in der Exkommunikation der San-Marinesen im Jahr 1247 durch Papst Innozenz IV. Zwei Jahre später wurden sie zwar in Perugia davon wieder losgesprochen, aber der Friede zwischen den Bürgern San Marinos kehrte nicht wieder ein, und in den nächsten 100 Jahren sollten drei weitere Exkommunikationen folgen.
Die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts war für San Marino eine schwere Zeit. Die unter Gewaltherrschaft der Familie Malatesta stehende guelfische Republik Rimini versuchte San Marino einzunehmen, und nur ein Bündnis San Marinos mit dem Ghibellinen Guido von Montefeltro und später seinem Sohn Federico konnte San Marino retten. Die Kämpfe dauerten trotzdem bis 1299. Als ob das noch nicht genug gewesen wäre, gab es in der Folgezeit weitere Versuche, San Marino zu unterwerfen. 1291 versuchte der Kanoniker Teodorico die San-Marinesen dem Papst zu unterwerfen und diesem steuerpflichtig zu machen. Dies konnte nur mit dem Urteil des damals berühmten Rechtsgelehrten Palamede aus Rimini, der in diesem Fall beauftragt war, den Streit zu schlichten, verhindert werden. Nur fünf Jahre später, 1296, versuchten die Stadtvögte Feretrani das Gebiet für sich zu vereinnahmen. Doch auch hier half das Urteil Palamedes, denn dieses wurde auf Anfrage der San-Marinesen bei Papst Bonifatius VIII. nochmals für rechtskräftig erklärt. Er erkannte damit die volle Souveränität und Freiheit San Marinos an. Doch auch in der Folgezeit versuchten es die angrenzenden Regionen immer wieder, San Marino zu erobern – jedes Mal ohne Erfolg. Als im Jahr 1303 einige Botschafter der feretranischen Kirche gefangen genommen wurden, nachdem sie auf san-marinesisches Territorium eingedrungen waren, flammte der Konflikt wieder auf. Die Kämpfe dauerten bis 1320, als San Marino dank seines exzellent ausgebildeten Heeres den Bischof Uberto zum Frieden zwingen konnte.
Die Feinde San Marinos erkannten nun, dass das Territorium kriegerisch nicht einzunehmen war und versuchten es mit Diplomatie. Der Republik wurden kirchliche Vergebung und Steuerfreiheit für Eigentum außerhalb des Territoriums und weitere Rechte wie das Handelsrecht angeboten. Dafür wurde verlangt, einige in San Marino untergekommene Flüchtlinge aus Urbino auszuliefern. Dies wurde abgelehnt, und so gab es weitere Feindseligkeiten vor allem mit der Familie Malatesta bis zum Ende des 14. Jahrhunderts. Als aber eben jene Familie unter Sigismondo Pandolfo Malatesta 100 Jahre später sowohl beim Papst als auch beim König in Ungnade fiel, nutzten die San-Marinesen die Gunst der Stunde, unterzeichneten am 21. September 1461 ein Bündnis mit der Kirche und nahmen den Krieg wieder auf. 1463 endete der Krieg zugunsten der San-Marinesen und Papst Pius II. sprach der Republik die drei Schlösser Fiorentino, Montegiardino und Serravalle zu. Im gleichen Jahr schloss sich auch das Schloss Faetano freiwillig der kleinen Republik an. Dies war der letzte Krieg und auch die letzte Territoriumsvergrößerung San Marinos.
Zwar fiel 1503 Cesare Borgia, der damalige Herzog von Valence und Sohn von Papst Alexander VI., in die Republik ein und errichtete eine Gewaltherrschaft, diese dauerte jedoch nicht lange, da Borgias Heer während eines gleichzeitigen Aufstandes im Herzogtum Urbino – an dem sich auch San-Marinesen beteiligten – vernichtend geschlagen wurde.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
GNU-Lizenz für freie Dokumentation