San Marino  4.4 Abstieg und neuer Stolz
Am 8. Oktober 1600 trat eine neu ausgearbeitete Verfassung in Kraft, deren Grundzüge sich noch in der heutigen Verfassung wiederfinden. Auch zu jener Zeit mussten sich die San-Marinesen immer wieder gegen Eroberer zur Wehr setzen. Im Jahre 1602 wurde ein Schutzvertrag mit der Kirche unterzeichnet, der schließlich 1631 in Kraft trat. Trotz dieses Erfolges ging es San Marino in dieser Zeit nicht gut. Berühmte Persönlichkeiten wanderten aus, adlige Familien starben aus und das kulturelle Niveau sank in den folgenden Jahrzehnten.
Erst eine erneute Eroberung des Landes ließ den Nationalstolz der San-Marinesen wieder aufleben. Am 17. Oktober 1739 fiel Kardinal Giulio Alberoni, der damalige päpstliche Legat von Romagna, in die Republik ein. Die San-Marinesen wandten sich auch diesmal an den Papst, der den Kardinal Enrico Enriquez nach San Marino schickte, um über die dortige Lage zu berichten. Aufgrund seiner Aussagen befahl der Papst Kardinal Alberoni den Rückzug aus San Marino, und so war die Republik schon ein halbes Jahr später, am 5. Februar 1740 wieder frei.
Als Napoléon ab 1796 nach und nach die Vorherrschaft über die gesamte italienische Halbinsel erlangte und sich verschiedene Republiken gründeten, schlossen die San-Marinesen sogleich Handelsabkommen mit diesen, um ihre Verbundenheit mit Napoléon zum Ausdruck zu bringen.
Es wird berichtet, dass Napoléon während der italienischen Kampagne seinen Truppen befahl, an den Grenzen zur Republik San Marino halt zu machen und sie nicht zu überschreiten – der Korse war nach eigenem Bekunden ein Bewunderer des Kleinstaates, der niemals jemand anderem untertan gewesen war. In Siegerlaune bot er den San-Marinesen an, sie für ihre historische Unbeugsamkeit mit zwei Kanonen, mehreren Fuhren Getreide und einer territorialen Erweiterung bis zum Meer zu belohnen. Die selbstbewusst-zurückhaltenden San-Marinesen ließen die historische Chance, ihr Land zu vergrößern, die andere, bedeutendere Nationen niemals ausgeschlagen hätten, unbeachtet; wohl wissend, dass sie mit ihren Nachbarn nie wieder in Frieden leben würden. Auch die Kanonen schickten sie wieder zurück. Nur die Getreideladung fand als friedfertiges Geschenk Napoléons ihre Gnade.
Nach der Niederlage des napoleonischen Frankreich wurde auf dem Wiener Kongress 1815 festgelegt, dass in Italien die vornapoleonische Ordnung wieder hergestellt werden solle – damit erlangten nicht nur die spanischen Bourbonen den Süden der Halbinsel und die Habsburger den Norden zurück, sondern auch San Marino blieb frei.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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