Ukraine  8.1.1 Bankwesen
Im Bankwesen fand die erste Übernahme durch ein ausländisches Kreditinstitut erst im Oktober 2005 statt. Damals übernahm die österreichische Raiffeisen International die zweitgrößte Bank des Landes, die Bank Aval. Gemeinsam mit der 1998 gegründeten Raiffeisenbank Ukraine halten diese 12 % Marktanteil am ukrainischen Bankensektor. Die Verkaufsverhandlungen wurden von ukrainischer Seite bewusst in die Länge gezogen, da sich rasch weitere Interessenten an der Bank fanden, und sich der Kaufpreis somit Stück für Stück auf letztendlich 836 Millionen Euro (für 93,5 %) erhöhte.
Von da an gab es plötzlich großes Interesse von zahlreichen ausländischen Banken, die ebenfalls in der Ukraine Fuß fassen wollten. Innerhalb von nur 5 Monaten schnellte der Anteil ausländischer Banken am ukrainischen Bankensektor von knapp über 0 % auf rund 25 %. Die teuerste Übernahme bisher tätigte die italienische Banca Intesa, welche für rund eine Milliarde Euro 88 % der viertgrößten ukrainischen Bank „Ukrsotsbank“ übernahm, und ihren bisherigen Marktanteil in GUS-Staaten auf einen Schlag von rund 0,1 % auf ein Vielfaches erhöhte. Der deutlich höhere Kaufpreis, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass die „Ukrsotsbank“ deutlich weniger Marktanteil (5,3 % per 2005) als die „Bank Aval“ besaß, ist durch den steigenden Buchwertmultiplikator zu erklären. Wie in allen mittel- und osteuropäischen Ländern, die erst seit wenigen Jahren für ausländische Kreditinstitute zugänglich sind, stieg auch in der Ukraine der zu bezahlende Preis im Vergleich zum Buchwert der übernommenen Bank mit steigender Nachfrage.
Eine weitere der fünf ukrainischen Großbanken, die „Ukrssibbank“, wurde im Dezember 2005 von der größten französischen Bank, BNP Paribas, übernommen. 51 % wechselten für knapp 300 Millionen Euro ihren Besitzer. Sowohl bei der „Ukrsotsbank“ als auch bei der „Ukrssibbank“ hatte die ungarische „OTP Bank“ mitgeboten, die jedoch beide Male das Nachsehen hatte.
Auch von den kleineren der 158 (per Ende 2005) ukrainischen Banken wurden bereits mehrere übernommen. So übernahm beispielsweise der russische Marktführer, die staatliche „Sberbank“, die ukrainische „NRB-Ukraina“, und die russische Nummer zwei, die ebenfalls staatliche „Vneschtorgbank“ (VTB) übernahm die ukrainische „Mrija“ für umgerechnet knapp 60 Millionen Euro. Die ukrainische Regierung vermutet hinter den Übernahmen der staatlichen russischen Banken politische Motive, wie diese auch bereits im Januar 2006 in der plötzlichen Vervielfachung des Gaspreises von russischer Seite (siehe Russisch-ukrainischer Gasstreit) gesehen wurden.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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