Ungarn  14 Schulsystem
Das ungarische Schulsystem, das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch viele Ähnlichkeiten mit dem Schulsystem in Österreich aufwies, übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg viele Elemente des sowjetischen Schulsystems. Somit wurde ein System mit zwölf Jahrgangsstufen geschaffen, das im Gegensatz zum sowjetischen Gesamtschulsystem in eine achtjährige Grundschule und in eine drei- oder vierjährige weiterführende Schule gegliedert war, und das Notensystem von 1 bis 5 eingeführt, bei dem die Eins die schlechteste und die Fünf die beste Note ist. Dieses Notensystem gilt bis heute.
Alle Kinder mussten von der 5. Klasse an Russischunterricht teilnehmen. Viele Sprachlehrer wurden in den 1950er Jahren zu Russischlehrern umgeschult. Nach der Wende im Jahre 1989 wurde Russisch als Pflichtfach aus dem Lehrplan gestrichen, und stattdessen konnten andere Sprachen gewählt werden, was wieder Umschulungsprogramme nach sich zog; diesmal mussten sich Russischlehrer zu Deutsch- oder Englischlehrern umschulen lassen. Ab 2010 wird Englisch als erste Fremdsprache Pflicht.
Das Schulsystem wurde liberalisiert: Derzeit gibt es neben den vierjährigen immer mehr sechs- bzw. achtjährige Gymnasien. Die „Oberstufe“ (die Klassen 5–8) der achtjährigen Grundschule wird immer mehr den Haupt- und Realschulen im deutschsprachigen Raum ähnlich. Neben den Gymnasien gibt es „Fachmittelschulen“ (szakközépiskola), in denen neben dem Erwerb der Hochschulreife noch ein Beruf erlernt werden kann. Diese Ausbildungsform wird oft um ein zusätzliches Jahr ergänzt, in dem die Fachkenntnisse vertieft werden, diese Einrichtungen nennt man Technikum. Es gibt auch berufsbildende Schulen ohne Hochschulreife, die man besucht, wenn man eine Lehre macht. Die Anzahl der bilingualen Mittelschulen wächst ständig. Interessant ist, dass es im sonst sehr auf Budapest zentrierten Ungarn viele zweisprachige Gymnasien auf dem Lande gibt. Es gibt auch Schulen für Minderheiten, ein positives Beispiel ist das Gandhi-Gymnasium in Pécs, das talentierten Roma-Kindern die Möglichkeit bietet, die Reifeprüfung abzulegen.
Die Prüfungen zum Erwerb der Hochschulreife werden im ganzen Land einheitlich und zentralisiert abgehalten. Seit 2005 gibt es die Möglichkeit, eine Art „Leistungsmatura“ in einigen Fächern abzulegen, die gleichzeitig als Aufnahmeprüfung für die Universität gilt. Der Erwerb der Hochschulreife ermöglicht ein Studium an Universitäten und Fachhochschulen. Für viele Studienzweige gelten Zugangsbeschränkungen, es gibt Aufnahmeprüfungen, und auch die Leistungen in der Mittelschule bzw. die Sprachkenntnisse können bei der Aufnahme entscheidend sein. Allerdings gibt es auch Studienrichtungen, die ohne Aufnahmeprüfung belegt werden können, wenn die beträchtlichen Kosten selber getragen werden.
Die bekannteste Universität in Ungarn ist die Loránd-Eötvös-Universität, sie hat eine Philosophische sowie eine Juristische Fakultät, ferner verfügt sie über eine Pädagogische Hochschulfakultät. Die medizinische Ausbildung in Ungarn genießt international einen sehr guten Ruf. Die Semmelweis-Universität ist hierbei als humanmedizinische Universität weltweit bekannt. Sie bietet wie die Universität von Pécs die medizinische Ausbildung in ungarischer, deutscher und englischer Sprache an. Die Anzahl der privaten und konfessionellen Universitäten wächst ständig. Die privaten Universitäten verlangen hohe Studiengebühren, und auch ein Zweitstudium oder PhD-Programm an einer öffentlichen Universität oder Hochschule muss teilweise von den Studierenden finanziert werden.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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