Vietnam  4.3 Französische Kolonialherrschaft
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkten die Franzosen ihren Druck auf die Nguyen-Kaiser. Es kam zu Ausschreitungen der verarmten Bevölkerung, wobei sich der Zorn gegen französische Missionare richtete. Um als Schutzmacht der christlichen Missionen Stärke zu demonstrieren, griffen französische Kanonenboote 1858 den Hafen Da Nang und das Mekong-Delta an. Kurz darauf tauchten auch Kanonenboote auf dem Parfüm-Fluss auf, der durch die Hauptstadt Hué fließt. Ab 1862 musste Vietnam Gebiete an die Franzosen abtreten. Bis 1883 wurden drei Protektorate namens Annam, Cochinchina und Tonkin gegründet, die der vietnamesische Kaiser annehmen musste. Damit stand Vietnam unter französischer Kolonialherrschaft. Infolge der Einführung der Geldwirtschaft schritt die Verarmung der Bevölkerung voran, während auf dem Land eine schmale Großgrundbesitzerschicht entstand. Die chinesische Minderheit dominierte die Ökonomie des Landes. Der beste Weg für einen Vietnamesen, ein dauerhaftes Einkommen zu erzielen, war ein Posten in der Kolonialverwaltung.
In der Folgezeit kamen vietnamesische Studenten und Intellektuelle in Europa, vor allem in Frankreich, mit den Ideen des Nationalismus und Kommunismus in Kontakt. Der bedeutendste unter ihnen war Ho Chi Minh (*1890, † 1969), der 1929 die in Annam, Cochinchina und Tonkin tätigen kommunistischen Parteien zu einer Einheitspartei vereinigte. Die Partei wurde jedoch 1930, nach dem missglückten Yen-Bai-Aufstand und der Hinrichtung vieler ihrer Mitglieder, dezimiert und geschwächt.
Während des Zweiten Weltkrieges geriet 1941 ganz Indochina und damit auch Vietnam verstärkt unter den Einfluss Japans (geteilte Herrschaft mit dem Vichy-Regime). Nachdem Ho Chi Minh 1941 aus dem Exil zurückgekehrt war, wurde bald aus über 40 lokalen Widerstandsgruppen eine Liga für die Unabhängigkeit Vietnams unter der Kurzbezeichnung Viet Minh zur Abwehr des japanischen Imperialismus und französischen Kolonialismus gebildet (siehe Vietnam während des 2. Weltkrieges). Im März 1945 besetzten die Japaner Indochina, beendeten die französische Kolonialverwaltung und setzten Kaiser Bao Dai ein. Die USA unterstützten die Viet Minh, die bei der Bekämpfung der japanischen Okkupation einige Erfolge erzielten. Nach der Kapitulation Japans musste am 25. August 1945 Kaiser Bao Dai abdanken. Am 2. September 1945 proklamierte Ho Chi Minh nach der erfolgreichen Augustrevolution die Demokratische Republik Vietnam. Die Unabhängigkeitserklärung berief sich auf die Unabhängigkeitserklärung der USA von 1776 und auf die Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte der französischen Revolution. Vietnam war damit die erste unabhängige Republik Südostasiens.
Nach der Potsdamer Konferenz fiel Vietnam in den Herrschaftsbereich der Briten. Diese mussten jedoch die besiegten Japaner bitten, im aufständischen Süden einzuschreiten. Im Norden wiederum marschierten ab September 1945 nationalchinesische Truppen ein mit dem Auftrag, die Japaner zu entwaffnen. Trotz eines Friedensvertrages mit den Viet Minh erzwangen die Franzosen am 23. September 1945 die Wiedererrichtung ihres kolonialen Regimes in Südvietnam, so dass am 5. Oktober französische Truppen in der Stadt Saigon landeten. Chinesen und Briten übergaben Vietnam wieder an Frankreich.

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