Bukarest  6.1 Stadtbild
Das Stadtbild von Bukarest ist geprägt von einer erstaunlich vielfältigen Architektur. In kaum einer anderen europäischen Hauptstadt findet man auf engstem Raum ein derart buntes Stilgemisch. Gebäude im k.u.k-Stil stehen neben Palästen im französischen Neo-Barockstil des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Villen im neorumänischen Brâncoveanu-Stil des beginnenden 20. Jahrhunderts (der orientalische und italienische Baumotive in sich vereinigt) und kleine ländliche Häuschen ducken sich zwischen Blöcken im modernistischen Stil der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts und typischen sozialistischen Plattenbauten aus den 1960er und 1970er Jahren. Hinzu kommt der protzige Zuckerbäckerstil, den der Ex-Diktator Nicolae Ceauşescu der Stadt in seinen letzten Amtsjahren aufgezwungen hat. Ein Fünftel der Altstadt wurde abgerissen, um Platz für das neue sozialistische Zentrum, das Centrul Civic, zu schaffen. Kilometerlange Boulevards (vor allem der Boulevard Unirii, der länger als die Champs-Élysées sein musste - um 60 Meter), gesäumt von neostalinistischen Wohnblöcken für die Nomenklatura, prägen hier das Bild, sowie übermäßig verzierte Springbrunnenanlagen, die allerdings die meiste Zeit trocken bleiben. Zentrum dieses neuen und immer noch nicht fertiggestellten Stadtteils ist das ehemalige „Haus des Volkes“, von den Bukarestern damals spöttisch als „Haus des Sieges über das Volk“ bezeichnet. Heute befinden sich in dieser gigantischen Stufenpyramide, die nach dem Pentagon das zweitgrößte Gebäude der Welt ist, das rumänische Parlament, Tagungszentren und ein Museum. Nebenan soll die größte orthodoxe Kathedrale Rumäniens errichtet werden.
Vier Fünftel der Altstadt blieben allerdings unangetastet: chaotisch gewachsene Viertel mit krummen Straßen, kleinen, alten (teilweise auch verfallenden) Häusern und viel Grün. Von wenigen großen Achsen abgesehen, an denen die Adligen früher ihre Paläste und Repräsentationsbauten errichteten und Bukarest zu seinem Spitznamen „Paris des Ostens“ verhalfen, strahlt die Stadt einen ländlichen Charme aus. Nicht selten hört man Hähne krähen aus den wild zugewachsenen Gärten, manchmal sieht man Hausschweine zwischen kleinen, verspielten Villen. Dicke Baumwurzeln durchbrechen den Asphalt der Gehsteige oder das uralte Kopfsteinpflaster der Nebenstraßen.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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