Istanbul  9.2.2 Stadt- und Nahverkehr
Straßennetz
Der innerstädtische Verkehr leidet immer noch unter dem osmanischen Aufbau der Stadt und ihrer in sich geschlossenen Quartiere. Die Gebäude eines osmanischen Stadtteils (mahalle) gruppierten sich fast konzentrisch meist um eine Freitagsmoschee. Wenige öffentliche Zufahrten (Tarîk-i âmm) und enge „Privat“-Straßen (Tarîk-i hâss), oft Sackgassen, bestimmten das labyrinthische Bild. Durchgangsstraßen fehlten. Diese Quartiere waren nur lose miteinander verbunden.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden mit internationaler Beratung im alten Istanbul breite Straßen und weite Plätze für den modernen Verkehr geschaffen. Eine Hauptachse bildete dabei eine auch heute noch wichtige Durchgangsstraße von Sultan Ahmet bis jenseits der Landmauer, die sich bewusst am konstantinischen Straßensystem orientierte. Ähnliche Verhältnisse herrschten in den asiatischen Stadtteilen. Offenere Straßenzüge bestimmten dagegen von jeher das genuesisch geprägte Pera oder Galata im heutigen Beyoğlu.
Inzwischen wurden im gesamten Stadtgebiet großzügige Binnen- und Durchgangsstraßen sowie Verbindungsstraßen zu den Stadtteilen an der Peripherie geschaffen, wobei alte Bausubstanz weichen musste.
Straßenverkehr
Im innerstädtischen Verkehr spielen zudem Busse, Sammeltaxen (Dolmuş), Taxen und private PKWs eine wichtige Rolle. Die gelben Taxen stellen einen großen Anteil am Gesamtverkehr. Da nur wenige Schienenstrecken existieren, tragen die Stadtbusse die Hauptlast des öffentlichen Nahverkehrs. An wichtigen Knotenpunkten, etwa in Taksim, Eminönü oder Beyazıt, bestehen regelrechte Busbahnhöfe. Taksim ist außerdem der wichtigste innerstädtische Endpunkt für Dolmuş-Linien.
Den Warentransport übernehmen Lastkraftwagen aller Größen. Ab und zu sieht man noch einen Lastenträger (Hamal), besonders auf den Treppen der Einkaufsstraßen zwischen Großem Basar und Galatabrücke.
Brücken und Fähren
Die europäischen Stadtteile werden über das Goldene Horn durch die Galatabrücke (Neubau von 1992), die Atatürk-Brücke und die Haliç-Brücke (Fatih-Brücke), über die eine Umgehungsautobahn verläuft, miteinander verbunden.
Ein reger Verkehr herrscht zwischen den europäischen und den asiatischen Stadtteilen. Autofähren und Passagierschiffe queren den Bosporus in dichtem Taktverkehr. Die wichtigsten Fähranleger sind Eminönü, Karaköy und Besiktaş auf europäischer sowie Üsküdar, Haydarpaşa und Kadıköy auf asiatischer Seite.
Für den Kraftfahrtverkehr existieren zwei Hängebrücken, die 1973 eröffnete Bosporus-Brücke mit 1074 Meter Länge und die Fatih-Sultan-Mehmet-Brücke mit 1090 Meter Länge, die 1988 dem Verkehr übergeben wurde. Beide Brücken werden auch von Stadtbus- und Dolmuşlinien genutzt.
Schienenverkehr
Die Straßenbahn- und U-Bahn-Systeme werden nach und nach ausgebaut. Allerdings ist Istanbul noch weit davon entfernt, ein geschlossenes, übersichtliches Nahverkehrsnetz zu besitzen. Die Linien ergänzen einander nur selten. Sie sind meist darauf ausgelegt, Arbeiternehmer von den Vororten ins Zentrum zu bringen. Verbindungen zwischen verschiedenen zentrumsnahen Stadtteilen fehlen noch. Für ein geschlossenes Nahverkehrssystem müsste die U-Bahn Strecke auf 505 km ausgebaut werden.[7]
Die wichtigsten schienengebundenen Verkehrsmittel sind:
die Banliyö Trenleri (Vorortzüge) der türkischen Staatsbahn TCDD. Diese ziehen sich auf beiden Seiten des Bosporus am Marmarameer entlang und verbinden so die dort gelegenen Küstenorte mit den Istanbuler Innenstadtbahnhöfen Sirkeci auf der europäischen (Streckenlänge 30 km) und Haydarpaşa auf der asiatischen Seite (Streckenlänge 44 km). Die Geburt der Vorortzüge fand auf europäischer Seite mit der Streckeneröffnung von Küçükçekmece nach Yedikule am 4. Januar 1871 statt. Hier erfolgten dann die Verlängerungen von Küçükçekmece nach Halkali am 22. April 1872 und von Yedikule zum Endbahnhof Sirkeci am 27. Juli 1872. Die Eröffnung der asiatischen Strecke fand am 22. September 1872 auf dem Abschnitt Pendik – Feneryolu statt. Am 1. Januar 1873 wurde dann stadtauswärts nach Gebze und am 1. Januar 1873 stadteinwärts bis zum Endbahnhof Haydarpaşa verlängert. Derzeit bestehen Planungen, die darauf abzielen, eine Verbindung der beiden Teilsysteme durch einen Bosporus-Tunnel zu erreichen (das sog. Marmaray Projesi). Hiermit wären dann auch die beiden stadtseitigen Bahnhöfe Sirkeci und Haydarpaşa miteinander verbunden.
die Metro zwischen Taksim und 4. Levent wurde am 16. September 2000 eröffnet. Die derzeit 8,4 km lange Strecke soll in beiden Richtungen noch Verlängerungen erhalten. Derzeit ist die Verbindung von Taksim über das Goldene Horn nach Yenikapı im Bau, sie soll 2007 eröffnet werden.
die Hafif Metro („Leicht-Metro“ bzw. Stadtbahn) bietet eine schnelle Verbindung von Aksaray zum Flughafen und zum Otogar (Busbahnhof) in Esenler. Die Eröffnung des mittlerweile 19,9 km langen Systems fand am 11. März 1989 auf dem Abschnitt Aksaray – Kartaltepe - Kocatepe statt. Von dort ging es weiter über den Otogar mit einer (zukünftigen) Stichstrecke nach Esenler (24. Dezember 1989) und über die Hauptstrecke weiter nach Zeytinburnu (31. Januar 1994), nach Bakırköy-Incirli (7. März 1995), nach Yenibosna (25. August 1995) und schließlich bis zum heutigen Endpunkt Havalimanı (Flughafen) (20. Dezember 2002). Zur Zeit wird am Schluss der Verbindung nach Yenikapı gearbeitet. Dort wird ein großer Umsteigebahnhof entstehen (Stadtbahn, U-Bahn, S-Bahn, Fernbahn (?) und Seebus).
die (Çağdaş) Tramvay ((moderne) Straßenbahn), die quer durch das historische Istanbul führt (Streckenlänge 14,3 km). Die Eröffnung fand am 13. Juni 1992 auf dem Abschnitt Beyazıt – Yusufpaşa statt. Mehrere Streckenerweiterungen in Folge brachten Verlängerungen zum Bahnhof Sirkeci (10. Juli 1992), zur Haltestelle Topkapı direkt hinter der alten Stadtmauer 29. Dezember 1992 und von dort weiter in den Stadtteil Zeytinburnu (31. Januar 1994). Die Verlängerung vom Bahnhof Sirkeci nach Eminönü (20. April 1996) und dann weiter nach Kabataş brachten dann auch den Anschluss über die neue Galatabrücke an die Stadtteile nördlich des Goldenen Horns. Seit dem 18. Mai 2006 fährt eine weitere Linie von Zeytinburnu weiter nach Bağcılar. Da nicht genügend Niederflur-Straßenbahnzüge zur Verfügung standen/stehen, werden auf der Strecke die ehemaligen „Dalan“-Züge eingesetzt, die vormals auf der Sirkeci Strecke fuhren und aktuell auch als Stadtbahn auf der Linie Aksaray-Havalimanı fahren.
der Tünel zwischen Karaköy und dem Tünel-Platz (Tünel Meydanı) im auf dem Hügel gelegenen Stadtteil Beyoğlu. Diese 574 Meter lange unterirdische Standseilbahn, die am 12. Januar 1875 eröffnet wurde, ist die drittälteste U-Bahn der Welt.
die Füniküler Kabataş–Taksim, die vom am Bosporus gelegenen Kabataş zum Taksim-Platz hinaufführt. Diese hochmoderne, unterirdisch verlaufende Standseilbahn wurde am 30. Juni 2006 eröffnet und verbindet die etwa einen halben Kilometer voneinander entfernten Endpunkte in 110 Sekunden.
die Moda Tramvay ist eine am 1. November 2003 als „nostalgisch“ eröffnete Straßenbahn zwischen Kadıköy und Moda im asiatischen Teil der Stadt. Es handelt sich um eine nur in einer Richtung betriebene, 2,6 Kilometer lange Ringstrecke, die einen eindrucksvollen Parcours durch den hügeligen und mit engen Straßen durchzogenen Stadtteil verfolgt. Die Strecke wird mit alten, aus der DDR stammenden Straßenbahnen vom Typ Gotha betrieben.
die Nostljik Tramvay ist eine 1,6 Kilometer lange, historische Straßenbahn, die in der ehemaligen Pera-Straße und heutigen İstiklâl Caddesi im Stadtteil Beyoğlu zwischen dem Tünel-Platz und dem Taksim-Platz verkehrt. Der mit historischen Fahrzeugen durchgeführte Betrieb wurde am 12. April 1990 aufgenommen.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
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